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Die Rückkehr von Assad

Von WZ-Korrespondentin Birgit Svensson

Politik

Der syrische Diktator ist bei einem Treffen der Arabischen Liga dabei. Die Wiederaufnahme hat viel mit Flüchtlingen und dem Iran zu tun.


Dschidda. Er ist als einer der ersten nach Dschidda am Roten Meer gekommen. Dünn und blass kann Bashar al-Assad es doch kaum erwarten, wieder in den Kreis der Arabischen Liga aufgenommen zu werden. Seit 2011 ruht die Mitgliedschaft Syriens. Einen Diktator, der derart brutal gegen sein eigenes Volk vorgeht, wollte man nicht mehr im 22 Länder zählenden Araberclub haben. Doch jetzt, beim Gipfel der Liga, der einmal im Jahr stattfindet und dieses Jahr von Saudi Arabien ausgerichtet wird, soll der Schlächter von Damaskus wieder aufgenommen werden.

In Vorbereitung dieses Ereignisses haben die Außenminister in Kairo die Wiederaufnahme Syriens Anfang Mai beschlossen. Vorausgegangen waren unzählige Besuche von Vertretern der Liga in Damaskus.

Letztlich stellte Jordanien den Antrag, Assad wieder aufzunehmen. Anlass für das Nachbarland war zum einen das verheerende Erdbeben in der Region, wo vor allem arabische Länder in Syrien Hilfe leisteten. Die westliche Gemeinschaft konzentrierte sich indes auf die Türkei und die von dort aus zugängliche syrische Region Idlib, die von Rebellen gegen Assad kontrolliert wird. Der von Assad kontrollierte Teil Syriens erhielt wiederum Hilfslieferungen aus Katar, den Emiraten und Saudi Arabien. In der Not rückt man also zusammen.

Ein zweiter, wichtiger Grund für Jordanien sind die vielen Flüchtlinge, die bereits seit zwölf Jahren dort leben und zunehmend zur Belastung werden. Die jordanische Regierung spricht von 1,3 Millionen Syrerinnen und Syrern bei einer eigenen Bevölkerung von knapp über elf Millionen. In Amman werden deshalb Überlegungen für eine Rückführung angestellt. Doch dafür brauchen die Jordanier Assad.

Den Ausschlag aber, dass die Arabische Liga dem Gesuch Jordaniens stattgegeben hat, dürfte die festgefahrene Suche nach einer Lösung für Syrien gewesen sein. Der sogenannte "Astana-Prozess", der die UNO, Russland, die Türkei und den Iran an einen Tisch in der kasachischen Hauptstadt brachte und die Zukunft Syriens verhandelte, stockt seit Jahren. Der russische Präsident Wladimir Putin, der seit über einem Jahr Krieg in der Ukraine führt, hat sich weitgehend von seinem Engagement in Syrien verabschiedet und auch die Türkei hat jetzt mehr mit sich selbst und den Weizenlieferungen aus der Ukraine zu tun, als dass sie sich um Syrien kümmern will.

Die Enthaltung der westlichen und auch der arabischen Länder hatte Syrien in die Arme Moskaus und Teherans getrieben. Damit soll jetzt Schluss sein. Man will nicht denselben Fehler begehen wie im Irak, wo sich die Araber völlig distanzierten, den Amerikanern und schließlich dem Iran das Feld überließen. So ist der Konsens groß, Assad die Tür wieder zu öffnen.

Die einzige Bedingung, die die Liga an die Wiederaufnahme Syriens knüpft, ist eine größere Distanz zu Teheran. "Niemand erwartet allerdings, dass Assad Iran den Rücken kehrt", sagt ein ägyptischer Diplomat, der anonym bleiben will. Doch könne so ein Gegengewicht geschaffen werden. "Wenn er nur sicherstellt, dass Iran von Syrien aus keine Extremisten und Waffen in andere arabische Länder mehr schickt, wäre uns schon geholfen."

Besuch aus der Ukraine

Am Nachmittag tauchte dann ein Überraschungsgast in Dschidda auf, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er wolle die Beziehungen mit der Arabischen Liga auf eine neue Stufe stellen, sagt der Ukrainer. Vor allem die Golfstaaten sind Moskau sehr zugeneigt. Ob Selenskyj es schafft, dass diese auf Distanz zu Russland gehen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall jedoch kann er eine Brücke zwischen der Ukraine und Syrien schlagen: Aleppo sah nach den russischen Bombardements 2016 genauso aus wie Mariupol heute.