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Chancen auf Wiederwahl Erdogans steigen weiter

Politik

Drittplatzierter beim Votum über den türkischen Präsidenten gibt Empfehlung für Amtsinhaber ab. Stichwahl am Sonntag.


Das offizielle Endergebnis kam erst vor ein paar Tagen. Demnach hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan bei der Präsidentschaftswahl am 14. Mai 49,52 Prozent der Stimmen auf sich vereint. Nicht einmal 0,5 Prozentpunkte fehlten ihm damit für eine Bestätigung schon in der ersten Runde.

Am Sonntag muss sich daher Erdogan erstmals in seinen gut 20 Jahren an der Macht einer Stichwahl stellen. Und seine Chancen, Herausforderer Kemal Kilicdaroglu zu schlagen, stehen gut. Zu Wochenbeginn sind sie sogar noch ein wenig gestiegen. Da rief Sinan Ogan nämlich seine Unterstützer auf, für den Amtsinhaber zu votieren.

Der Drittplatzierte bei der Präsidentschaftswahl hatte als Kandidat eines ultranationalistischen Parteienbündnisses an die fünf Prozent der Stimmen erhalten. Um diese können nun sowohl Erdogan als auch Kilicdaroglu werben, weil die Anhängerschaft Ogans zersplittert ist. Doch fiel es Kilicdaroglu schwerer, die Zusagen zu machen, die sich Ogan für seine Unterstützung gewünscht hat. Der Oppositionsführer spricht zwar selbst davon, dass Millionen Flüchtlinge aus Syrien wieder zurückgeschickt werden sollten. Doch auf deutliche Distanz zu prokurdischen Parteien kann er nicht gehen - diese haben ihn nämlich gestützt.

Kampagne gegen Flüchtlinge

Daher versucht Kilicdaroglu nun, über das Flüchtlingsthema an die Stimmen von Nationalisten zu kommen. Schon hat er einen schärferen Ton angeschlagen und angekündigt, die Menschen "nach Hause zu schicken", sobald er an der Macht sei. Ob dies reicht, um die fast fünf Prozentpunkte Abstand auf Erdogan in der ersten Runde wettzumachen, ist aber höchst fraglich.

Jedenfalls mühen sich nun beide Lager, so viele Wähler wie möglich zu mobilisieren - nicht zuletzt die Auslandstürken. Der Urnengang sei eine "nationale Pflicht", betonte Kilicdaroglu. Und Erdogan appellierte an seine Landsleute im Ausland, ihr "demokratisches Recht unbedingt wahrzunehmen. Er kann dort übrigens mit einer höheren Zustimmung rechnen als sein Konkurrent.

Doch wer auch immer am Sonntag gewinnt - er wird ein polarisiertes Land mit einer gespaltenen Gesellschaft führen. Die Hoffnungen derjenigen, die auf einen Wechsel nach der langen Ära Erdogan gesetzt haben, wurden tief enttäuscht. Als wie wichtig dieser Urnengang erachtet wurde, zeigt auch die Wahlbeteiligung. Diese lag am 14. Mai bei fast 90 Prozent. (czar)