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Der Fall Bechtel in Cochabamba

Von Veronika Gasser und Ines Scholz

Politik

Die weltweite Liberalisierung der Wasserversorgung ist der EU und den USA im Rahmen der WTO-Verhandlungen ein brennendes Anliegen. Hinter diesem Bestreben stehen die Interessen weltweit tätiger Konzerne, die durch das Wassergeschäft verdienen wollen, wie Veolia Environnement (ehemals Vivendi), Suez-Lyonnaise des Eaux, Thames Water - eine Tochter des deutschen Energieriesen RWE - oder der US-Multi Bechtel. Dass beim Geschäft mit dem Wasser aber nicht immer alles sauber und glatt abläuft, dafür wurde der Fall Bechtel in Cochabamba ein trauriges Beispiel.


Cochabamba ist die drittgrößte Stadt Boliviens, in dieser hatte sich der US-Baukonzern Bechtel gemeinsam mit dem französichen Multi Vivendi 1999 die Konzessionen für die Wasserver- und Abwasserentsorgung gesichert. Unter dem Namen "Aguas del Tunari" trat das amerikanisch-französische Konsortium in Bolivien auf und erhoffte sich in dem krisengeplagten Land gute Geschäfte mit dem kostbaren Nass. Doch die Wasserprivatierung schlug auf dramatische Weise fehl.

Bolivien wollte, sich durch den Verkauf der Wasserkonzessionen aus der Finanzmisere retten und wurde dazu auch von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) gedrängt: Nur im Falle der Privatisierung sollten auch die bitter benötigten Kredite fließen. Und eigentlich hätte die Bechtel-Vivendi-Tochter für eine flächendeckende Waserversorgung garantieren sollen, nachdem sie sich die Wasserrechte unter den Nagel gerissen hatte. Denn ein Drittel der Einwohner im Großraum Cochabambas haben keinen Wasseranschluss. Doch mit den Wasserrechten hatte der Konzern auch die Verfügungsgewalt über das Grundwasser der in den Armenvierteln gegrabenen Brunnen erworben.

Auch von diesen Eigenversorgern wollte "Aguas" Gebühren einheben. Als dann noch die Wassertarife um nahezu das Doppelte erhöht wurden, eskalierte die Situation. Auf den Straßen Cochabambas kam es zu Protesten und in der Folge zu Ausschreitungen. 25 Menschen wurden schwer verletzt, einige kostete der "Wasserkrieg" sogar ihr Leben.

Aus dem als Entwicklungshilfe geplanten Projekt wurde ein neoliberales Versuchsmodell. Für den Bolivianer Oscar Coca, Professor für Ökonomie und Soziologie, war der Widerstand der Bevölkerung ein Musterbeispiel dafür, was eine Bürgerbewegung erreichen kann. Das Vorgehen des Konsortiums bezeichnet er als dreist: "Erst wurden Investionen versprochen, aufgrund des Versprechens wurden gleich einmal die Gebühren um 180% erhöht. Doch zu diesen Investionen kam es nie." Der Vertrag ließ ein Schlupfloch offen: Wenn es keine günstigen Kredite gibt, dann muss nicht investiert werden.

Wegen der heftigen Proteste zog sich das Bechtel-Vivendi-Konsortium zurück. Doch es verließ Bolivien mit einer schweren Hypothek: Nun hat Bechtel Klage beim Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, einem Weltbank-Tribunal, eingereicht und verlangt von dem hochverschuldeten südamerikanischen Land 25 Mill. Dollar Schadenersatz für entgangene Gewinne. Das entspricht dem Jahresgehalt von 12.000 bolivianischen Lehrern.

Möglich wurde das Verfahren wegen eines Investitionsschutzabkommens zwischen Bolivien und den Niederlanden, wo Bechtel eine Briefkastenfirma hat. Die Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt. Brisant ist der Fall deshalb, weil sich der US-Konzern auf einen Investitionsschutz und freien Marktzugang beruft, wie er im Gesamtamerikanischen Freihandelsabkommen (ALCA) vorgesehen ist. Doch der Fall von Cochabamba könnte auch als abschreckendes Beispiel für die GATS- und Investitionsschutzabkommen der WTO dienen: Die Wasserversorgung den Privaten zu überlassen ist keinesfalls von Erfolg gekrönt.

Auch in Nicaragua wird um das Wasser gekämpft

Einen ähnlichen Kampf ums Wasser gab es in Nicaragua. Der Fall hat Parallelen mit Bolivien, denn auch hier machten Weltbank und IWF den Schuldenerlass von der Privatisierung des Wassersektors abhängig. Doch das Parlament legte sich nach Protesten der Bevölkerung quer und es wurde ein Gesetz zur Suspendierung aller Privatisierungsbestrebungen in der Wasserversorgung beschlossen. Hartnäckig blieb Präsident Arnoldo Aleman, der nach wie vor die Wasserkonzessionen verkaufen will, ebenso beharrt der IWF auf dem "Modernisierungsschritt" gegen den Willen der Nicaraguaner. Das Nationale Netzwerk für Verbraucherschutz ist auf den Barrikaden, da die "demokratischen Institutionen nicht respektiert werden". Derzeit liegt die Angelegenheit beim Obersten Gericht, das entscheidet, ob der Präsident ein Vetorecht hat.

Über Bechtel: Profitieren von der Zerstörung

Dem US-Baukonzern Bechtel werden gute Kontakte zur Bush-Administration nachgesagt. Die Firmengruppe wurde in jüngster Zeit bekannt, da sie sich zahlreiche lukrative Aufträge für den Wiederaufbau im Irak sichern konnte.

So bekam Bechtel im April einen Vertrag für den Irak, der allein in den ersten 18 Monaten 34,6 Mill. Dollar in die Kassen bringen soll. Doch dies ist nur eine Kleinigkeit, denn der gesamte Wert des Geschäfts mit dem Wiederaufbau wird für den Multi auf 680 Mill. Dollar geschätzt: Die Infrastruktur des Irak mitsamt Stromnetz, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung werden von Bechtel wiederhergestellt oder neu errichtet.

Das Beunruhigende daran: Der Vertrag wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgeschlossen und sogar vor dem Amerikanischen Kongress geheim gehalten. "Dieser Vertrag zeigt, wie man Profite macht und nicht humanitäre Hilfe leistet," kritisiert Maria Elena Martinez, Direktorin der amerikanischen NGO CorpWatch. "Das irakische Volk leidet wegen der US-Regierung unter schrecklicher Not, und aus dieser können US-Firmen nun Millionengewinne für sich herausschlagen."