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Der Heißhunger auf Fleisch verlangt nach frischem Land

Von Ronald Schönhuber

Politik

Bis 2050 wird sich der Fleischkonsum weltweit verdoppeln. | Schon jetzt wird ein Drittel des Getreides verfüttert.


Wien. Wenn ausländische Staatsfonds, internationale Agro-Unternehmen und vermögende Privatpersonen sich Millionen Hektar an Land in Afrika und Lateinamerika sichern, hat das nicht nur mit Weizenanbau, Biosprit und äthiopischen Export-Rosen zu tun. Viele der in der Fremde neu erworbenen Flächen dienen auch - direkt oder über den Umweg Futtermittel - der Fleischproduktion. Diese ist nämlich ein boomendes globales Geschäft mit glänzenden Zukunftsaussichten.

In aufstrebenden Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien konsumiert die stetig wachsende Mittelschicht immer größere Mengen an Fleisch, denn mit steigendem Wohlstand wird nicht nur mehr, sondern auch teurer gegessen. Vor allem bei den Jungen lösen Hamburger und Steak zusehends die ehemaligen Basisgerichte Bohnen und Reis ab. Zusätzlich verstärkt wird dieser Trend durch das globale Bevölkerungswachstum und die zunehmende Verstädterung.

Um den stark steigenden Bedarf decken zu können, wird sich die weltweite Fleischproduktion laut der UNO-Landwirtschaftsorganisation FAO bis zum Jahr 2050 von 228 Millionen auf 463 Millionen Tonnen jährlich verdoppeln müssen. Statt der heute 1,5 Milliarden Rinder dürften es in 40 Jahren 2,6 Milliarden sein, schätzt die FAO. Die Zahl der Schafe und Ziegen wird vermutlich von 1,7 auf 2,7 Milliarden Tiere steigen.

Damit wächst auch der Bedarf an Weideflächen und zusätzlichem Futtermittel enorm an, denn schon allein ein Huhn auf dem Teller erfordert im Vergleich zu einer vegetarischen Mahlzeit die doppelte Menge an investierter Nahrungsenergie. Bei Rindfleisch steigt dieser Faktor sogar auf das Zehnfache.

Immer mehr Futtermittel verschlingt auch die Milchproduktion. Die durchschnittliche mitteleuropäische Milchkuh produziert heute zwar viermal so viel Milch wie noch vor einigen Jahrzehnten, dafür frisst sie aber nicht mehr nur heimisches Weidegras, sondern pro Jahr fast 4000 Kilo Kraftfutter, das aus aller Welt importiert wird.

Lukrativer Soja-Anbau

"Ein Drittel der globalen Getreideproduktion wird heute an Tiere verfüttert", sagt Markus Keller, Leiter des Instituts für alternative und nachhaltige Ernährung im deutschen Gießen zur "Süddeutschen Zeitung". Als Futtermittel hat vor allem Soja zuletzt eine glänzende Karriere hingelegt. 66 Prozent der globalen Produktion werden verfüttert, und in Südamerika - dem Weltmarktführer neben den USA - gibt es bei den Anbauflächen jährliche Zuwachsraten von rund fünf Prozent. Für den großflächigen Soja-Anbau wird aber ein teuerer Maschinenpark benötigt, weshalb er hauptsächlich von großen Kapitalgesellschaften betrieben wird. Die Kleinbauern kommen häufig unter die Räder.

Doch nicht nur die Futtermittelproduktion boomt in Südamerika, auch die Viehzucht selbst verzeichnet ähnlich hohe Wachstumsraten. Geschaffen wird das neue Acker- oder Weideland häufig durch die Umwidmung und Rodung von Regenwaldflächen. Allein in Brasilien geht jährlich ein Waldgebiet in der Größe der Steiermark verloren. Doch nicht nur wegen der Abholzung von Regenwald ist die Viehzucht zuletzt in das Visier der Umweltschützer geraten. Das beim Verdauungsprozess der Rinder frei werdende Methangas gilt als hochgradig klimaschädlich.