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Moskau in Syrien-Frage isoliert

Von Michael Schmölzer

Politik

Regierungstruppen verlieren | Kontrolle über Teile des Landes.


Damaskus. Wenn es nach den USA geht, hat Syriens Machthaber Bashar al-Assad ausgespielt: "Sein Ende ist unausweichlich", verkündet der Sprecher des Weißen Hauses, das Regime habe die Kontrolle verloren, die Zeit der Despotie laufe ab. Im UN-Sicherheitsrat wird bereits fieberhaft daran gearbeitet, dass das Washingtoner Orakel recht behält. In einer neuer Resolution, über die noch in dieser Woche abgestimmt werden soll, wird Assad zum Rücktritt aufgefordert und die Notwendigkeit eines politischen Systemwechsels betont.

Stereotypes "Njet"

Dass sich das syrische Regime immer noch an der Macht behauptet, liegt an Russland, das den einzigen Verbündeten im Nahen Osten um keinen Preis fallen lassen will. Eine Annahme der Resolution würde den Weg für einen Bürgerkrieg ebnen, bekräftigt ein russischer Diplomat; die Resolution lasse keinen Raum für Kompromisse. Für Moskau sind beide Seiten an der Eskalation der Gewalt schuld. Die Gegner sollen sich an in aller Ruhe an einen Tisch setzen und verhandeln, lautet der Vorschlag.

Die syrische Opposition erwägt diese Option keine Sekunde: Man misstraut Russland als engem Verbündeten Assads prinzipiell. Gespräche, insistieren die Regimegegner, werde es erst nach einem Rücktritt Assads geben. Man will so lange kämpfen, bis der verhasste Machthaber beseitigt ist. Die Oppositionellen sehen sich in einen Bürgerkrieg verstrickt, sie kämpfen um ihr Leben. Sieg oder Tod lauten die Alternativen aus der Sicht der Deserteure, die mit der syrischen Armee Katz und Maus spielen. In einer ähnlichen Situation befanden sich vor einem halben Jahr die libyschen Rebellen im Kampf gegen Muammar Gaddafi - Gespräche mit dem bizarren Oberst waren nie eine Option.

Das Regime in Damaskus hingegen kann in seinen offiziellen Verlautbarungen keinen Volksaufstand oder Bürgerkrieg auf syrischem Territorium erkennen. Man verteidige sich gegen "Terroristen", heißt es hier, und man wehre sich außerdem entschieden gegen alle Versuche aus dem Ausland, Chaos zu säen.

China gesprächsbereit

US-Diplomaten arbeiten fieberhaft daran, Russland zur Aufgabe seiner Blockadehaltung zu bewegen. Die entscheidende Frage, so Beobachter, sei die, wie Russland von der Internationalen Gemeinschaft so unter Druck gesetzt werden könne, dass es seinen Verbündeten aufgibt. Möglicherweise wird das erst dann der Fall sein, wenn die militärische Lage für Assad aussichtslos geworden ist - und das wird noch einige Zeit dauern.

Die Mitgliedsländer der Arabischen Liga, die mit dem Westen an der Syrien-Resolution feilen, sind Moskau bereits weit entgegen gekommen. Von einem militärischen Eingreifen ist nicht mehr die Rede, auch Sanktionen sind nicht vorgesehen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die UN-Vetomacht China. Peking hat Maßnahmen gegen Syrien bisher ebenso wie Russland verhindert. Auch der jüngste Entwurf stößt bei den verantwortlichen KP-Granden auf Kritik, man ist aber im Gegensatz zu Moskau zu Zugeständnissen bereit.

Die Aufständischen konnten am Dienstag weitere Erfolge verbuchen. Deserteure haben laut "Spiegel online" die strategisch wichtige 60.000-Einwohnerstadt Rastan vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Seit die Kämpfe zwischen Assads Armee und Regimegegnern Ende letzter Woche die Vororte von Damaskus erreicht haben, wird es für die Sicherheitskräfte schwieriger, die Macht über alle Landesteile zu halten. Um die Rebellion in Duma, Irbin und anderen Außenvierteln der Hauptstadt zu unterdrücken, musste die Armee Einheiten aus anderen Provinzen abziehen.

Das nutzen die Aufständischen. Sie stoßen in Gebiete vor, die von den Kräften des Regimes weniger stark gesichert werden können. Jetzt ist die Rede davon, dass Assad einen Teil Syriens aufgeben könnte.