Rangun. Burmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi zieht nach Angaben ihrer Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) ins burmesische Parlament ein. Suu Kyi habe die Nachwahlen zum Parlament in ihrem ländlichen Kreis Kawhmu klar mit 82 Prozent der Stimmen gewonnen, sagte Tin Oo, ein führender Parteivertreter.

Nach Angaben der NLD waren auch zahlreiche andere NLD-Kandidaten erfolgreich; sie gehe davon aus, dass 30 NLD-Mitglieder den Sprung ins Parlament schaffen, teilte die Partei mit. Offizielle Ergebnisse der Nachwahl werden erst binnen einer Woche erwartet, es war aber damit gerechnet worden, dass die Parteien vorher Ergebnisse präsentieren.

Bei den Nachwahlen herrschte großer Wählerandrang. In der Hafenmetropole Rangun staute sich der Verkehr schon in den frühen Morgenstunden, weil zehntausende Menschen zu den Wahllokalen unterwegs waren. Insgesamt waren 6,8 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen.

Hoher Symbolwert
Es ging zwar nur um 45 der insgesamt 1.160 Sitze in mehreren Parlamentskammern. Doch der Symbolwert des Wahlgangs ist immens:  Erstmals durfte sich Aung San Suu Kyi persönlich den Wählern stellen. "Ich freue mich sehr, zu wählen", sagte Han Min Hted vor einem Wahllokal im Ranguner Stadtteil Manyangong. "Diese Wahlen sind freier als 2010." Damals hatte Suu Kyis Partei den Urnengang wegen unannehmbarer Auflagen boykottiert. Aber auch diesmal dürfte es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein.

Aus dem gesamten Land seien Beschwerden über die Manipulation von Stimmzetteln eingegangen, sagte der Sprecher der Partei. Das Feld für die NLD sei mit Wachs präpariert worden, so dass sich ein Kreuz dort nachträglich leicht entfernen lasse. "Wenn es so weitergeht, kann dies das Ansehen der Wahl beschädigen", sagt Sprecher Nyan Win.

Suu Kyi führte mehr als 20 Jahre die Opposition gegen die Militärherrschaft in ihrer Heimat an und saß zwischen 1990 und 2010 die meiste Zeit im Gefängnis oder stand unter Hausarrest. Die NLD hatte bereits bei der Parlamentswahl 1990 eine Mehrheit erhalten, doch verhinderte die Militärjunta damals die Regierungsübernahme der Partei.

Vorsichtiger Optimismus
Die seit 2011 amtierende erste nominell zivile Regierung nach fast 50 Jahren Militärherrschaft beendete zwar nicht den Einfluss des Militärs, da Ex-Generäle weiterhin die Schlüsselpositionen bekleideten und das Militär und die von der Junta gegründete Partei USDP 80 Prozent der Parlamentssitze kontrollieren. Die neue Regierung überraschte nach 2010 aber selbst Skeptiker mit ihrem Reformeifer. Sie ließ Hunderte politische Gefangene frei und begann die Aussöhnung mit den ethnischen Minderheiten. Die westlichen Länder haben eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt, wenn die nun stattfindenden Nachwahlen als fair und frei beurteilt werden.

"Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber es könnte die erste wirklich echte Wahl in diesem Land seit langer Zeit sein", meinte der EU-Spitzendiplomat Robert Cooper. Die Regierung in Burma habe in den vergangenen Monaten die Weichen für eine Öffnung hin zu mehr Demokratie gestellt. "Die Geschwindigkeit des Wandels ist atemberaubend gewesen." Auch der EU-Parlamentarier Ivo Bellet äußerte sich positiv: "Wir sind froh, dass alles friedlich verläuft."