Peking/Rangun. Mit Unbehagen und Argwohn beobachtet die chinesische Führung die Demokratisierungstendenzen in Burma. Denn für China ist der rohstoffreiche südliche Nachbar von höchstem Interesse - wirtschaftlich und politisch. Die Regierung in Peking hat Milliarden in die Infrastruktur seines Hinterhofes investiert; im UNO-Weltsicherheitsrat wurde jede Verurteilung der für schwerste Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemachten burmesischen Militärdiktatur in der Vergangenheit konsequent verhindert.

Mit den Nachwahlen am Sonntag hat die burmesische Regierung nun Voraussetzungen für die Beendigung der Wirtschaftssanktionen geschaffen. Die EU kündigte bereits am Montag an, ihre gegen Burma verhängten Maßnahmen bis Monatsende überprüfen zu wollen.

Bisher ließ das harte Sanktionsregime des Westens den burmesischen Machthabern keine Alternative, als sich an China zu binden. Die neue Öffnungspolitik des wirtschaftlich angeschlagenen Landes, dessen Bodenschätze begehrt sind, stellt die bisherige chinesische Vormachtstellung aber infrage. Irritierend war für China bereits die Entscheidung der Burmesen, ein gigantisches gemeinsames Staudammprojekt abzubrechen. Dabei hätten zehntausend chinesische Arbeiter zum Einsatz kommen und 90 Prozent der Energieproduktion nach China exportiert werden sollen.

Als Druckmittel könnte sich Peking der ethnischen Rebellenarmee der Kachin bedienen. Die "Kachin Independent Army", deren Verhandlungen mit der burmesischen Zentralregierung bisher gescheitert sind, wird über chinesisches Gebiet versorgt.

In dem von den Aufständischen kontrollierten Territorium erhielten chinesische Unternehmen Konzessionen für Goldminen, Jade und Edelhölzer. Nach einer burmesischen Armeeoffensive im Vorjahr hatten 40.000 Kachin über die Grenze nach China fliehen müssen. Der "Aussöhnungsprozess" mit den Minderheitsvölkern gilt international als wichtiger Prüfstein für die Ernsthaftigkeit der burmesischen Reformbemühungen. Das frühere Militärregime unterdrückte die nichtburmesischen Völker systematisch.

Zensur nach Gerüchten

Sorgen bereiten der chinesischen Führung auch Entwicklungen im eigenen Land: Im Internet wurde tagelang über einen Putsch und angeblich ungewöhnliche Militärbewegungen spekuliert. Die Behörden ließen daraufhin mehrere Webseiten sperren und haben die Kommentarfunktionen von Twitter-ähnlichen Seiten bis Dienstag lahmgelegt. Diese spielen Experten zufolge bei der Bildung der öffentlichen Meinung eine wichtige Rolle. Rund 200 Millionen der 500 Millionen Internetnutzer in China nutzen jene Kurznachrichtendienste.

Die Zensur-Bemühungen demonstrieren die Spannungen im Zusammenhang mit dem Skandal um den Spitzenpolitiker Bo Xilai, dessen Absetzung im März Risse in der sorgfältig inszenierten Einigkeit der Parteispitze zeigte. Der Parteichef der 32-Millionen-Metropole Chongqing hatte um einen Platz in der künftigen Führungsmannschaft des Landes gekämpft. Der Sturz des neo-maoistischen Polit-Stars gilt als Signal gegen einen linken Kurs der Partei. Regierungschef Wen Jiabao hatte Bos Antireformhaltung kritisiert und gewarnt, ohne Reformen könne das Land in ein Chaos "wie in der Kulturrevolution" unter Mao Tse-tung stürzen.