Rangun. (rs) Fast zwei Jahrzehnte lang hatte Aung San Suu Kyi in ihrem Haus am Inya-See wie eine Gefangene gelebt. Von der Militärjunta vor die Wahl zwischen Hausarrest und Exil gestellt, entschied sich die burmesische Oppositionsführerin selbst dann gegen ein Verlassen des Landes, als ihr an Krebs erkrankter britischer Ehemann Michael Aris in Oxford im Sterben lag. Zu groß war Suu Kyis Angst gewesen, die mit eiserner Faust herrschenden Generäle könnten ihr später die Wiedereinreise verbieten, zu stark fühlte sich die Friedensnobelpreisträgerin dem burmesischen Volk und seinem Kampf für die Demokratie verpflichtet.

13 Jahre nach Aris‘ Tod und 24 Jahre nachdem sie Burma zum letzten Mal verlassen hat, wird die 66-Jährige nun wieder ins Ausland reisen. Und fast macht es dabei den Eindruck, als würde Suu Kyi in den kommenden drei Wochen gleich ein paar Jahre nachholen wollen. Ihre erste Etappe führt Suu Kyi, die bei den historischen Nachwahlen am 1. April ins Parlament eingezogen ist, am Montag nach Bangkok. In der thailändischen Hauptstadt wird die burmesische Demokratie-Ikone, die erst seit 8. Mai wieder einen Pass besitzt, an einem Wirtschaftsforum teilnehmen.

Mitte Juni wird Suu Kyi dann nach Europa aufbrechen. Am 15. Juni soll sie zunächst bei der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf sprechen, einen Tag später wird sie in Oslo mit 21 Jahren Verspätung ihre Dankesrede zur Verleihung des Friedensnobelpreises halten. Am 21. Juni steht schließlich eine Ansprache vor dem britischen Parlament auf dem Programm. Dass Suu Kyi nach Jahren unter Hausarrest nun reisen und frei sprechen könne, sei ein "unglaublicher Beweis für den Wandel" in Burma, erklärte Premierminister David Cameron, als Suu Kyis Rede am Donnerstag bekannt gemacht wurde.

Cameron hatte Mitte April als erster westlicher Regierungschef seit Jahrzehnten Burma besucht und damit die überraschende Öffnung des Landes durch die zivile Regierung unter Ex-General Thein Sein gewürdigt. Während ihrer England-Reise will Suu Kyi aber auch einige private Termine wahrnehmen, so steht auch ein Besuch in Oxford auf dem Programm, wo sie während ihres Studiums Michael Aris kennengelernt hatte.