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"Europa will uns verbiegen, China geht auf uns ein"

Von Iris Hammerschmid

Politik
Auma Obama kritisierte Europas Haltung gegenüber Afrika.
© hai

Auma Obama, Halbschwester des US-Präsidenten, in Alpbach über Afrika.


Alpbach. Der Saal des Böglerhofs ist zum Bersten voll, alles wartet gespannt auf den Auftritt von Obama - Auma Obama. Die Halbschwester von US-Präsident Barack Obama ist eine engagierte Entwicklungshelferin und an diesem letzten Mittwoch im August der Star am Forum Alpbach. Ihre Ideen zum Kampf gegen die Armut stoßen weltweit auf Gehör, ihr Blick auf Europas Engagement in Afrika ist düster.

Als Obama schließlich den Saal betritt, fällt sie kaum auf: Schwarze Hose, schwarze Bluse, graue Weste. In perfektem Deutsch legt die in Bayreuth promovierte Soziologin und Germanistin los; nüchtern, professionell, erfahren, doch nicht abgestumpft, das verraten schon allein ihre lebhaften Augen.

"Das Afrikabild, das man hier in den Medien sieht, ist meistens nicht das Bild, das ich im Kopf habe und was ich erlebt habe", kritisiert Obama. Hütten und traditionell gekleidete Menschen, die immer noch sehr primitiv leben, gebe es zwar in bestimmten Regionen ihrer Heimat Kenia. Doch gleichzeitig könne man in der Hauptstadt Nairobi leben wie in Europa, das sei ein Bild, das man in Westen weniger zu sehen bekomme. Dieses Zerrbild reduziert sich allerdings nicht nur auf einen kulturpolitischen Nachteil. Menschen kämen vor allem nach Afrika, um Geschäfte zu machen. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit müssten aber immer beide Parteien zufrieden sein, mit dem, was sie bekommen und da habe China einen klaren Vorteil gegenüber Europa. "Die Chinesen sind auf uns eingegangen, mit all unseren Schwächen und all unseren Fehlern." Die Europäer hingegen versuchten zumeist, die Kenianer zu verbiegen und ihre eigenen Maßstäbe in Kenia anzuwenden. "Deswegen haben die Chinesen einen Vorsprung, weil sie nicht so sehr auf ihrer Art, die Dinge zu erledigen beharren."

"In Togo bin ich genauso

fremd wie in Deutschland"

Europa mangelt es Obama zufolge oft an einem Grundverständnis für Afrika. Viele machten den Fehler, alle afrikanischen Länder in einen Topf zu werfen, wo doch die Bedingungen in den verschiedenen Staaten unterschiedlich sind. "In Togo bin ich genauso fremd wie in Deutschland", sagt die Kenianerin. Jedes Land, jedes Volk habe eigene Bedürfnisse.

In Europa konstatiert Obama eine Sättigung, während es in ihrer Heimat einen viel größeren Drang hin zur Bildung gebe. "Wenn man in Europa ein sechsjähriges Kind fragt, warum es in die Schule geht, gibt es zur Antwort: ,Weil es Mama und Papa so wollen’", erklärt Obama. In ihrer Heimat Kenia hingegen würde es sagen: "Weil ich eine gute Arbeit haben möchte." Die Jugend in Kenia sei oft motivierter als die europäische Jugend und das beginne schon sehr früh.

Doch Obama findet auch Positives an Europa, etwa ihre Flucht nach Deutschland nach der Matura. Damals wollte sie nur raus aus Kenia. Als einzigem Mädchen in der Familie sei ihr ständig gesagt worden, was sie als Frau zu tun habe. Sie habe sich unterdrückt gefühlt, glaubte, da müsse noch mehr sein und habe ein Stipendium für Deutschland angenommen. Über ihren berühmten Halbbruder Barack, den sie erst viel später traf, sagt sie: "Er ist mein Bruder. Es gibt keine halben Sachen, wir sind entweder Geschwister oder nicht." Mehr verrät sie dem gespannten Publikum nicht über ihn.