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Furcht und Feierlaune

Von Alexander Dworzak

Politik

Radikalislamische Taliban drohen, Prinz Harry in Afghanistan zu töten.


Kabul. Nur eine kleine Zeremonie war für das historische Ereignis vorgesehen, lediglich ein einziger Delegierter der USA wohnte diesem bei. Dabei wurde am Montag im afghanischen Bagram das dortige Gefängnis mit rund 3100 Inhaftierten, darunter Taliban-Kämpfer und Al-Kaida-Kollaborateure, wieder an lokale Behörden übergeben - oder fast.

Während Afghanistans Präsident Hamid Karzai über die wiedergewonnene Souveränität seines Landes jubelt, überspielen die Vereinigten Staaten ihre Sicherheitsbedenken nicht einmal halbherzig. Sie möchten gar einen Teil des Gefängnisses am größten und wichtigsten Stützpunkt der USA in Afghanistan weiter betreiben. Sorgen bereiten den Vereinigten Staaten laut BBC insbesondere 50 Kämpfer, vornehmlich aus Pakistan, deren Freilassung befürchtet wird, wenn Bagram wieder vollständig unter afghanischer Kontrolle ist.

Viel Spielraum besitzt die Weltmacht jedoch nicht, schließlich ist die nunmehrige Aktion Teil der Vereinbarung, wonach bis zum Abzug der alliierten Truppen Ende 2014 sämtliche Gefangene Afghanistan unterstellt werden. Doch die USA sträuben sich so gut sie können gegen weitere Übergaben: Unklar ist daher die Zukunft von 600 weiteren Gefangenen, die seit der Übereinkunft zur Übergabe des Gefängnisses Anfang März durch die Amerikaner verhaftet wurden. Washington argumentiert, dass die ausländischen Gefangenen nicht Teil der Vereinbarung seien. Zudem hätten die USA weiterhin das Recht, Verdächtige festzunehmen. Vertrauen in einen strategischen Partner sieht also anders aus.

"Afghanistans Guantanamo"

Eine unrühmliche Geschichte kennzeichnet den Stützpunkt Bagram seit Beginn der US-geführten Militärintervention - von "Afghanistans Guantanamo" ist gar die Rede. Im April 2010 wurden erstmals Foltervorwürfe bekannt, Häftlinge würden in einem geheimen Teil des Gefängnisses traktiert. Weitere Anschuldigungen folgten zwei Jahre später: Einsperren ohne Beweis, Folter und unzumutbare hygienische Bedingungen stünden demnach in Bagram auf der Tagesordnung. Dass US-Soldaten in der Anlage 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kabul versehentlich konfiszierte Koran-Exemplare verbrannten, führte im Februar zu landesweiten Unruhen mit 30 Toten.

Den Tod wünschen die Taliban auch der Nummer drei der britischen Thronfolge. Prinz Harry fungiert derzeit als Kampfhubschrauber-Pilot in der heftig umkämpften Provinz Helmand. "Wir werden alles tun, um ihn zu töten", sagte ein Taliban-Sprecher am Montag. Die Army inszeniert Harry derweil auf "Facebook"; beim letzten Einsatz des Prinzen 2008 wurde noch versucht, den Aufenthaltsort von "Captain Wales" geheim zu halten.

Kompromissbereite Töne stimmen die Taliban jedoch zur Zukunft des Landes am Hindukusch an: Vier hochrangige Vertreter erklärten sich gegenüber Forschern des britischen Royal United Services Institute offen für einen Waffenstillstand. Verhandlungen mit Präsident Karzai schließen die Islamisten aus, nicht jedoch eine Distanzierung von Al-Kaida. Noch aber überschattet Gewalt den Alltag des Landes. Mindestens 20 Personen starben am Montag bei einem Selbstmordattentat in Kunduz.