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Teuflisch liberales Internet

Von Konstanze Walther aus den USA

Politik

Auf Facebook sind Republikaner pflegeleichter als die Demokraten.


Austin. Amy Brown hat es nicht leicht. Die blonde Mittzwanzigerin ist Vizechefin von "Harris Media", einer Digitalen Agentur in Texas, die Kampagnen für Republikaner in allen gewünschten Internet-Sphären macht. Bei den Wahlkämpfen um die US-Präsidentschaft, den Senats- und den Kongresswahlen betreut Harris Media das digitale Auftreten eines Kandidaten. Das reicht von Facebook über Twitter bis zum Programmieren von positiven Homepages über den Kandidaten, die im Falle einer Google-Suche idealerweise im oberen Drittel aufpoppen und eventuelle Negativnachrichten auf die unteren Plätze verweisen.

Brown hat es deshalb nicht leicht, "weil bei den Republikanern jene Personen das Budget für das Internet kontrollieren, die zugleich auch das Budget für die TV-Werbung kontrollieren. Und das sind im Normalfall alte Männer, die den Sinn des Digitalen noch nicht begriffen haben." Das hat einerseits mit dem Alter zu tun, andererseits aber auch mit der Ideologie, glaubt Amy Brown. Das Internet wird teilweise als allzu liberales Medium gesehen. Einer der Gründe dafür ist, dass hochrangige Manager von Facebook und Google offen die Demokraten unterstützen. "Manche bei den Republikanern glauben, dass damit das Internet voreingenommen und beeinflussbar ist." Der Skandal um den Republikaner Rick Santorum hat dabei nicht geholfen (als der Name eines homophoben Republikaners im Internet, dank schlauer Programmierer, auf scheinbar wissenschaftlichen Seiten einmal gleichbedeutend mit einem Mix von Körpersekreten wurde). Doch die Generation von Amy Brown, gleichwohl konservativ, hat vor allem Respekt für das Können: "Das gehört dazu. Und Hut ab vor den Programmierern. Die Fake-Santorum-Seiten waren ewig lang die Nummer eins beim Googlen."

Das Beharrungsvermögen der Parteigänger ist etwas, gegen das die republikanischen Digital Natives ankämpfen müssen. "Die Stärke des Internets ist das Spielerische und das Spontane." Als es bei dem Parteitag der Republikaner zu dem verunglückten Pseudo-Dialog des Hollywoodstars Clint Eastwood mit einem leeren Stuhl kam, spekulierten die Medien wild darauf los, was es mit dem Stuhl nun auf sich hat. Wenige Minuten später wurde auf Obamas Twitterfeed ein Foto veröffentlicht: Obama auf einem Sessel mit dem Schild "Der Präsident". Die Bildunterschrift lautete sinngemäß: Dieser Stuhl ist schon besetzt.

Digitaler Vorreiter

Für Barack Obama ist die Haus- und Hof-Agentur "Blue State Digital" am Werk - Blau ist die Farbe der Demokraten. Blue State Digital hat im Wahlkampf 2008 erstmals Html5-Webseiten verwendet - Seiten, die man genauso gut am Tablet-PC wie auch am Mobiltelefon lesen kann. Damit war Obama in einer digitalen Vorreiterrolle, die Html5-Programmierung wird nun von allen nachgemacht. Etwa von der selbstsicher klingenden Agentur "Targeted Victory", die für Mitt Romney das Internet zu mobilisieren versucht. "Harris Media" ist eine junge republikanische Agentur, die zuerst für Rick Perry als potenziellen Kandidaten der Republikaner gearbeitet hat und dann für Newt Gingrich, der ebenfalls letztlich gegen Mitt Romney in der parteiinternen Vorentscheidung verloren hatte.

Keine der Agenturen gibt vor, dass man allein mit dem Internet eine Wahl gewinnen kann. Aber das Internet kann ausschlaggebend sein, ob der Kandidat verliert oder gewinnt. Nicht nur, um an die Wähler heranzukommen, die Unentschlossenen zu mobilisieren, sondern auch, um analoge Märsche zu organisieren oder Spenden zu sammeln.

Flexibel, humorvoll

Mit dem "This Seat Is Taken"-Sessel-Foto bewies das digitale Team von Obama Schnelligkeit, Flexibilität und Humor. Ein ähnlicher Stunt seitens des Team Romneys fehlt noch. "Es gibt definitiv dieses Stereotyp, dass die Linken hier entwickelter sind als die Rechten", meint Amy Brown. Dafür sind die Konservativen treuer.

Obama hat knapp 30 Millionen "Likes" auf Facebook. Sein Gegner bei der US-Präsidentschaftswahl, Mitt Romney, hat nur knapp 8 Millionen. Doch die Fans von Romney sind interaktiver. Knapp 2 Millionen davon "sprechen darüber", das bedeutet im Facebook-Lingo, dass ein Viertel seiner Facebook-Gefolgschaft in der letzten Woche einmal mit der Seite interagiert hat - sei es durch das Klicken eines "Gefällt mir" Buttons auf der Seite oder durch das Posten eines Kommentars oder Weiterleiten eines Statements. Nur 1,4 Millionen der Unterstützer von Barack Obama "sprechen darüber" - über Obamas Botschaften auf Facebook.

"Wir fragen auch unsere FB-Nutzer ausdrücklich nach Kommentaren", erklärt Brown, die sich um den Web-Content für republikanische Kongressabgeordnete kümmert. "Dadurch kommen wir im Facebook-Algorithmus höher. Und wenn man die Nutzer ausdrücklich nach Interaktion fragt, ist es Studien zufolge dreimal so wahrscheinlich, dass sie mit dem Content interagieren." Das hat allerdings wieder etwas mit "Sophistication" zu tun.