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Kuwait im Sog der Unruhen

Von Veronika Eschbacher

Politik

Massenproteste in der Hauptstadt richten sich gegen ein neues Wahlgesetz.


Kuwait-Stadt. In Kuwait, einem aufgrund seiner Ölexporte reichsten Länder der Welt, rumort es. Zehntausende Oppositionsanhänger demonstrierten Sonntag gegen ein neues Wahlrecht. Die Polizei schlug die Massenproteste mit ungewohnter Gewalt nieder. Demonstrationen sind in Kuwait nichts Neues, die Gangart jedoch plötzlich härter als je zuvor. Der Emir Sabah al-Ahmed al-Sabah steht vor der Entscheidung, weiter auf Konfrontation zu gehen - oder aber freiwillig Teile der Macht abzugeben.

Die Demonstranten hatten sich vor dem Parlament des kleinen Golfemirates versammelt, um gegen eine Änderung des Wahlrechts zu protestieren. Die Ordnungskräfte setzten Schockgranaten und Tränengas ein. Nach Berichten lokaler Medien seien dutzende Demonstranten und elf Polizisten verletzt worden. 40 Menschen wurden festgenommen.

Kuwait wird von Experten gerne als "Halbdemokratie" bezeichnet. Einerseits gibt es ein demokratisch gewähltes Parlament, andererseits werden jedoch die Regierungsmitglieder sowie der Regierungschef direkt vom Emir ernannt. Es gibt auch keine politischen Parteien, nur lose Gruppierungen, da der rechtliche Rahmen dafür fehlt. Das Parlament drängt - unabhängig von der politischen Ausrichtung der Parlamentsmitglieder - seit Jahren auf mehr Rechte. Dies mit Teilerfolgen: So können mittlerweile die Abgeordneten von Ministern Rechenschaft über ihre Arbeit verlangen und sie durch Misstrauensvoten zum Rücktritt zwingen. Von diesen Rechten wird auch reichlich Gebrauch gemacht.

Wahlrechtsreformschwächt die Opposition

Bisher konnten die rund 400.000 Wahlberechtigten in Kuwait bei Parlamentswahlen bis zu vier Stimmen für jeweils verschiedene Kandidaten abgeben. Das neue Gesetz gibt jedem Wähler eine Stimme. "Die Reduzierung auf eine Stimme pro Wähler würde dazu führen, dass Kandidaten für sich kämpfen und sich nicht mit anderen Kandidaten absprechen. Dies wiederum kann zu einer Fragmentierung des Wahlkampfes, aber auch zu einer Fragmentierung in der Besetzung des Parlaments führen", so der Kuwait-Experte der NGO Democracy Reporting International Michael Meyer-Resende zur "Wiener Zeitung". Dieses Szenario könnte genau das Ziel der Reform sein. Denn: Ein fragmentiertes Parlament sei für den Emir einfacher zu handhaben als ein Parlament, in dem die Opposition gut koordiniert ist, sagt Meyer-Resende.

In Kuwait haben die Bürger mehr Mitspracherecht als in den anderen arabischen Ölmonarchien. Innenpolitisch stolpert das Land bereits seit Jahren von einer Regierungskrise in die nächste. Erst Anfang Oktober löste der Emir erneut das Parlament auf - das vierte Mal innerhalb der letzten sechs Jahre. Bei den darauffolgenden Neuwahlen errangen aber mehrfach die Regierungsgegner eine Mehrheit und kamen der Herrscherfamilie Al-Sabah erneut in die Quere.

Die nun anstehenden Parlamentswahlen, für die das neue Wahlrecht schon gelten soll, sind für den 1. Dezember angesetzt. Die Opposition gab bereits bekannt, sie werde ihre Proteste gegen das Gesetz weiterführen und rief zu einem generellen Boykott der Wahlen auf.