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Nachfolger für Clinton gesucht

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rückzug aus Afghanistan und Lage im Nahen Osten als schwierige Aufgaben.


Washington. Nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton bereits vor den Präsidentschaftswahlen angekündigt hat, dass sie künftig nicht mehr für ihr Amt zur Verfügung steht, wird in Washington jetzt heftig darüber spekuliert, wer in Barack Obamas zweiter Amtszeit dieses wichtige Regierungsamt innehaben wird. Als aussichtsreichste Nachfolger für Clinton werden die derzeitige US-Botschafterin bei der UNO, Susan Rice, und der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Senat, John Kerry, genannt.

Kerry, der väterlicherseits österreichische Wurzeln hat und als demokratischer Präsidentschaftskandidat 2004 dem Amtsinhaber George W. Bush nur knapp unterlegen ist, war schon vor vier Jahren als Kandidat für das Amt des Außenministers im Gespräch. Er ist seit 1984 Senator für den Staat Massachusetts. Er machte sich unter der Präsidentschaft von Ronald Reagan in den Achtzigerjahren einen guten Namen bei den Untersuchungen der sogenannten Iran-Contra-Affäre, als Erlöse von geheimen US-Waffengeschäften mit Teheran zur Bekämpfung der sandinistischen Regierung in Nicaragua an die dortigen Contra-Rebellen weitergeleitet wurden. Er, der selbst im Vietnamkrieg im Einsatz stand und später zum deklarierten Kriegsgegner wurde, setzte sich maßgeblich für die Aussöhnung der ehemaligen Kriegsgegner USA-Iran ein.

Als Präsidentschaftskandidat trat er dafür ein, die USA wieder verstärkt in multilaterale Gespräche einzubinden und die UNO stärker zu berücksichtigen. Grundlage für militärische Einsätze sollte eine breite Unterstützung durch andere Staaten sein. Sein Eintreten für eine Intervention in Syrien stieß jüngst in den USA, die sich noch mit den Folgen des Irakkrieges herumschlagen müssen und vor dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan stehen, aber auf Befremden.

Die zweite Favoritin für das Außenamt, die derzeitige UNO-Botschafterin der USA, Susan Rice, kann auf langjährige außenpolitische Erfahrungen verweisen. 1988 war sie außenpolitische Beraterin des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Michael Dukakis.

Beraterin von drei Präsidentschaftskandidaten

Rice, Tochter des angesehenen afroamerikanischen Wirtschaftsprofessors und ehemaligen Gouverneurs der Federal Reserve, Emmet J. Rice, hatte während der Präsidentschaft von Bill Clinton mehrere Funktionen inne. Von 1993 bis 1997 war sie Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates, 1997 wurde sie unter Außenministerin Madeleine Albright Unterstaatssekretärin für afrikanische Angelegenheiten und blieb in dieser Position bis zum Amtsantritt von George W. Bush im Jänner 2001. Danach arbeitete ab 2002 bei der Brookings-Institution als Senier Fellow für Außenpolitik und Entwicklungshilfe.

2004 war Rice außenpolitische Beraterin des Präsidentschaftskandidaten John Kerry, 2008 für Barack Obama, der sie nach seinem Wahlsieg für das Amt der UNO-Botschafterin nominierte, für das sie vom Senat am 22. Jänner 2009 einstimmig bestätigt wurde. Rice ist die erste Afro-Amerikanerin, die die USA bei der UNO vertritt. Kritik an ihr wurde jüngst nach dem Mord an US-Botschafter Christopher Stevens in Benghazi von konservativer Seite laut. Man warf ihr vor, die Öffentlichkeit über die Hintergründe falsch informiert zu haben.

Wer immer US-Außenminister wird, den erwarten in der zweiten Amtszeit von Präsident Barack Obama schwierige Aufgaben. Da steht zuerst einmal der Abzug der Truppen aus Afghanistan auf dem Programm mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Und im Nahen Osten sind gleich mehrere Krisenherde zu bereinigen. Die Lage in Syrien und im angrenzenden Libanon wird vollen Einsatz der Diplomatie erfordern. Und am Tag nach dem zweiten Amtsantritt Obamas werden bei den israelischen Parlamentswahlen wichtige Weichen für die künftigen Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern gestellt, in denen die USA eine wesentliche Rolle spielen werden.

Neben dem Amtswechsel im Außenministeriun stehen aber in der zweiten Amtszeit Obamas noch weitere wichtige personelle Weichenstellungen an. Auch Finanzminister Timothy Geithner hat angekündigt, dass er aus seinem Amt ausscheiden wird. Für seine Nachfolge werden die Namen von Obamas Stabschef Jack Lew und von Erskine Bowles genannt, der zwischen 1997 und 1998 Stabschef bei Bill Clinton war. Bowles hatte zuletzt die Verhandlungen mit den Republikanern über Maßnahmen zur Schuldenverringerung geführt. Der Defizitabbau und die Modernisierung des Steuersystems werden die Schwerpunkte in der künftigen US-Politik sein. Ende desJahres laufen die von Obama-Vorgänger Bush eingeführten Steuererleichterungen für die Reichen aus, die unter Obama verlängert worden waren, um das republikanisch beherrschte Abgeordnetenhaus zu finanziellen Zugeständnissen zu bewegen. Obama muss mit der weiter bestehenden republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus einen Sparkompromiss aushandeln, sonst drohen zum Jahreswechsel Budgetkürzungen in Milliardenhöhe und Steuererhöhungen, die das Wirtschaftswachstum empfindlich bremsen könnten.

Wechsel im PentagonFrau im Rennen

Auch der 74-jährige Verteidigungsminister Leon Panetta soll Rücktrittsabsichten haben. Als mögliche Nachfolgerin wird die frühere Unterstaatssekretärin Michele Flournoy gehandelt, die ihr Amt im Februar dieses Jahres verlassen hatte, um sich für Obamas Wiederwahl einzusetzen.