Zum Hauptinhalt springen

Obama besucht Chinas Hinterhof

Von Klaus Huhold

Politik

Gas, Öl, Holz und Edelsteine - Burma ist für Investoren sehr attraktiv.


Rangun/Wien. Rangun putzt sich heraus: In der früheren Hauptstadt von Burma (Myanmar) fegen Putztrupps die Straßen und räumen den Müll weg. Auch die Universität wird durch Reparaturarbeiten auf Vordermann gebracht. Denn die Studenten und Professoren erwarten einen prominenten Redner: Barack Obama wird als erster amtierender US-Präsident das südostasiatische Land besuchen. Dabei wird er sowohl Präsident Thein Sein als auch Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi treffen.

Obama wird auch in Kambodscha und Thailand erwartet, es ist die erste Auslandsreise des US-Präsidenten seit seiner Wiederwahl. Und es ist laut Beobachtern kein Zufall, dass ihn diese ausgerechnet in den Asien-Pazifik-Raum führt. Denn die USA wollen in der Region rund um China den Einfluss der Volksrepublik eindämmen und ein strategisches Gegengewicht zu Peking aufbauen.

Das zeigt sich besonders in Burma: Peking hatte sich in den vergangenen Jahren zum größten Investor in dem ressourcenreichen Staat aufgeschwungen, Burma wurde zu Pekings Hinterhof. Der Westen hingegen sah die Militärdiktatur als Pariastaat an und hatte diese mit harten Sanktionen belegt. Doch in den vergangenen zwei Jahren hat sich Burma gewandelt. Präsident Thein Sein, ein ehemaliger General, steht einer zivilen Regierung vor und treibt einen Demokratisierungsprozess voran. Als Belohnung haben die EU und die USA ihre Sanktionen gelockert. Es ist eine Entwicklung, von der beide Seiten profitieren: Burma verringert seine Abhängigkeit von Peking, während sich für westliche Firmen die Tür zum burmesischen Markt öffnet.

Rechtsunsicherheit undviel Korruption

Und Burma hat vieles, was Investoren anzieht: Das Land besitzt große Vorkommen an Erdöl, Erdgas, verschiedenen Hölzern und Edelsteinen. Zudem sind Arbeitskräfte in dem Staat, der nach der Misswirtschaft der Militärjunta bitterarm ist, extrem billig. Und weil das Land viel Potenzial besitzt, könnte es sich in Zukunft zu einem attraktiven Absatzmarkt für Konsumartikel entwickeln.

Gleichzeitig sind aber Investments in Burma auch noch mit einer großen Unsicherheit behaftet. Der rechtliche Rahmen ist oft noch nicht klar und Ämter und Behörden gelten als sehr korrupt. Zudem befinden sich viele Ressourcen in unruhigen Regionen, in denen Minderheiten leben.

In Burma gibt es mehr als ein Dutzend Rebellengruppen der verschiedenen Minderheiten. Mit vielen hat die Regierung Waffenstillstandsabkommen geschlossen. Doch im Kachin-Staat etwa, in dem es Goldvorkommen gibt, kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen der Armee und bewaffneten Verbänden.

Wie gefährdet Projekte durch Unruhen sein können, bekam zuletzt China zu spüren. Eines der wichtigsten Vorhaben für die Volksrepublik sind die sogenannten Sino-Burma-Pipelines, die 2013 in Betrieb gehen sollen. Diese sollen Öl und Gas von der burmesischen Küste nach China transportieren. Der Ausgangspunkt der Pipeline befindet sich beim Shwe-Gasfeld vor der Küste des Bundesstaat Rakhine (siehe Grafik), durch den die Pipeline dann auch verläuft.

Doch genau diese Region war in den letzten Wochen Schauplatz ethnischer Gewalt zwischen buddhistischen Rakhine und moslemischen Rohingyas mit dutzenden Todesopfern. Fraglich ist, wer auf wen zuerst losging. Klar ist aber, dass die Opfer der Gewalt hauptsächlich Rohingyas waren, die ohnehin in einer schwierigen Situation sind, da sie von Burma großteils nicht als Staatsbürger akzeptiert werden. Auch andere Moslems wurden attackiert. Unzählige Häuser der Rohingyas wurden niedergebrannt, zehntausende Moslems vertrieben.

Die renommierte Denkfabrik "International Crisis Group" schreibt in ihrem jüngsten Bericht zu Burma, dass die Gewalt gegen Rohingyas gut organisiert schien. Studenten und militante buddhistische Mönche hetzten demnach gegen die Rohingyas. Selbst ehemalige Dissidenten, die von der Militärjunta verfolgt wurden, fielen durch anti-moslemische Kommentare auf, berichtet "Asia Times Online".

Kritik an Oppositionsikone Aung San Suu Kyi

Menschenrechtsgruppen kritisierten auch Oppositionsikone Aung San Suu Kyi, dass sie die Ausschreitungen gegen die Rohingyas nicht genügend kritisiert habe. Die Anführerin der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD) bezeichnete zwar die Gewaltwelle als Tragödie. "Vergessen sie aber nicht, dass beide Seiten Gewalt anwendeten, weshalb ich keine Partei ergreifen will", betonte die Friedensnobelpreisträgerin.

Es sind laut Beobachtern paradoxerweise gerade die Reformen, die derartige Ausschreitungen möglich machen. Lang unterdrückte nationalistische Gefühle werden plötzlich artikuliert.

Und derartige Vorfälle sind es auch, die manche Menschenrechtler und Exil-Burmesen den Besuch Obamas in Burma als zu früh kritisieren lassen. Zudem verweisen sie darauf, dass das Militär noch immer Übergriffe gegen ethnische Minderheiten begeht und dass es weiterhin hunderte politische Gefangene gibt - woran auch eine Amnestie kurz vor dem Obama-Besuch, bei der 452 Gefangene freikamen, nichts geändert haben soll.

Gleichzeitig ist aber auch schon viel geschehen: Die Medienzensur wurde stark gelockert, Demonstrationen sind erlaubt, die oppositionelle NLD wurde wieder zugelassen und ist bei Wahlen angetreten. Obama will mit seinem Besuch den fragilen Demokratisierungsprozess stärken. Gleichzeitig ließ das Weiße Haus schon durchblicken, dass der Präsident die Menschenrechtsprobleme, die Burma hat, und die ethnische Gewalt ansprechen wird.