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KP ordnet zweite Reihe neu

Von WZ-Korrespondent Wu Gang

Politik

Chinas Sicherheitsapparat gilt als mächtig, aufgebläht und ineffizient.


Peking. So plötzlich und heftig, wie der 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas vor allem über die Bewohner Pekings hereingebrochen war, so schnell sind die Nachwirkungen auch wieder abgeebbt: Die tausenden Sicherheitskräfte sind nicht mehr zu sehen, die Taxifahrer dürfen ihre Fensterkurbeln wieder anmontieren und am Platz des Himmlischen Friedens sind die Feuerlöscher verschwunden, die aus Angst vor Selbstverbrennungen tibetischer Mönche aufgestellt worden waren. Dabei geht im Rahmen der Machtübergabe an die neue Parteiführung rund um KP-Generalsekretär Xi Jinping das Sesselrücken in der zweiten Reihe unvermindert weiter.

Die vielleicht wichtigste Neubesetzung ist die Ernennung des 65-jährigen Meng Jianzhu zum neuen Sicherheitschef. Der bisherige Minister für öffentliche Sicherheit folgt in dieser Funktion Zhou Yongkang nach, der für die Polizei, die Gerichte und das Agentennetzwerk zuständig und dabei sehr umstritten war.

Imperium innerhalb Chinas

In Zhous Amtszeit konnte der Sicherheitsapparat eine bislang unbekannte Machtfülle aufbauen, was für die Partei längst zu einem Problem geworden ist. Mit 85 Milliarden Euro Budget verschlingt die aufgeblähte "Kommission für Politik und Recht" mehr Geld als die gesamte Landesverteidigung. Die Sicherheitsorgane haben sich weitgehend einer politischen Kontrolle entzogen und sind zu einem Imperium innerhalb des Staates geworden, das sich immer schwerer steuern lässt.

Trotz oder vielleicht sogar wegen seiner Größe gilt das System zudem als ineffizient, die Flucht des blinden Bürgerrechtlers Chen Guangcheng in die US-Botschaft im Frühling wird beispielsweise als Blamage angesehen. Zhous Verbindungen zum ehemaligen Politstar in der Partei Bo Xilai, der wegen seiner Korruptionsaffären in Ungnade fiel, machten den Sicherheitschef endgültig zum Risiko. Sein Nachfolger Meng Jianzhu ist ein Newcomer im 25-köpfigen Politbüro, was als Signal gesehen wird, die Macht des Sicherheitsapparates wieder etwas einzuschränken.

Vor einer heiklen Aufgabe steht auch Sun Zhengcai. Er wurde zum neuen Parteichef der wichtigen Metropole Chongqing ernannt. Genau dieser Stadt stand bis vor kurzem der mittlerweile aus der Partei ausgeschlossene Bo Xilai vor. Der neue Mann soll mit dem Erbe von Bo aufräumen. Dessen Korruptionsskandale hatten das Land in die größte innenpolitische Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Und Bos Ehefrau Gu Kailai wurde vor Gericht des Mordes an einem britischen Geschäftsmann schuldig gesprochen.

Sus Aufgabe wird nicht einfach sein, denn Bo erfreut sich wegen seiner Sozialprogramme und Infrastrukturmaßnahmen in Teilen der KP sowie in der Bevölkerung nach wie vor gewisser Beliebtheit. Doch der 49-jährige Sun wird in der Partei als aufgehender Stern gesehen, der für eine neue Politikergeneration abseits der etablierten Kader steht. Der ehemalige Landwirtschaftsminister und Agrarexperte war zuletzt Parteichef von Jilin, der Kornkammer Chinas, und konnte sich in dieser Funktion die schützende Hand von Premierminister Wen Jiabao sichern.

Neue Ministerien

Eingeschränkt werden soll auch die Macht diverser Ministerien. Denn geht es nach den Plänen des designierten Premierministers Li Keqiang, sollen einige Verwaltungseinheiten zusammengelegt werden und sogenannte "Superministerien" bilden. Ganz oben auf der Liste steht das Eisenbahnministerium, das aufgrund der Korruptionsskandale um den gestürzten Minister Liu Zhijun und ein verheerendes Zugunglück in Wenzhou in die Schlagzeilen gekommen war. Es soll mit dem Transportministerium zusammengelegt werden.

Einige andere Reformideen muten hingegen origineller an: So sollen beispielsweise die Agenden von Kultur und Landwirtschaft in einem Ministerium zusammengelegt werden.