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Sicherheit schlägt Freiheit

Von Alexander Dworzak

Politik

Japan und Australien bilden den Gegenpol zum lockeren US-Umgang mit Waffen.


Canberra/Tokio. Sonne, Strand und Surfer: Nichts trübte die tasmanische Idylle im April 1996. Bis ein Mann in der Touristenhochburg Port Arthur wahllos um sich schoss. 35 Personen starben, weitere 23 wurden beim größten Blutbad in der Geschichte Australiens verletzt.

Nur zwölf Tage später legte der damalige Premierminister John Howard - ein strammer Konservativer - in Abstimmung mit der Opposition ein neues Waffengesetz vor. Dieses bedeutete eine radikale Umkehr vom bisher laxen Umgang mit Gewehren und Pistolen: Waffenbesitzer mussten ihre Objekte registrieren lassen, Privatverkäufe wurden verboten, und neue Käufer benötigen seitdem einen plausiblen Grund für ihre Anschaffung - Selbstverteidigung zählt nicht dazu. Auch wurden 700.000 Waffen von den Besitzern zurückgekauft und vernichtet; umgerechnet auf die USA entspräche dies 40 Millionen Stück.

Die Reform trug Früchte: In den vergangenen 16 Jahren gab es kein vergleichbares Massaker mehr in Australien. Und die Zahl der durch eine Feuerwaffe Getöteten sank um 59 Prozent. Jedoch trenne eine "kulturelle Kluft" die USA und Austrialien, stellte Howard in diesem Sommer fest. Eine Verschärfung der Bestimmungen in den Vereinigten Staaten könne er sich daher nicht vorstellen.

Enorme Auflagen

Neben Australien wird der Handel und Gebrauch von Waffen auch in Japan strikt reguliert - ganz im Gegensatz zu den USA: Dort garantiert der zweite Verfassungszusatz den Besitz und das Tragen von Schusswaffen. Während in den Vereinigten Staaten laut "Small Arms Report" im Durchschnitt 88 von 100 Personen eine Waffe besitzen - die weltweit mit Abstand höchste Rate -, ist der Besitz im Land der aufgehenden Sonne eingeschränkt. Wer in der 128 Millionen Einwohner zählenden Nation ein Gewehr erstehen möchte, muss einen allgemeinen schriftlichen Test bestehen, sich am Schießstand beweisen, eine psychologische Untersuchung durchführen lassen und über ein tadelloses Leumundszeugnis verfügen. Waffen sowie Munition müssen an separaten Orten in versperrbaren Schränken gelagert werden. Jährlich überprüft die Polizei deren Lagerung, alle drei Jahre muss der Waffenbesitzer den Test wiederholen.

Mit dem amerikanischen Credo der individuellen Freiheit sind die Maßnahmen nicht vereinbar, eine Umsetzung scheint utopisch. Wirksam ist auch das japanische Waffengesetz allemal: Nur elf Personen wurden im Jahr 2008 durch Schusswaffen getötet - in den USA mussten weit über 10.000 Menschen ihr Leben lassen. Und während 587 Amerikaner durch unabsichtlich gelöste Schüsse starben, waren es in Japan ganze zwei Personen.