Jerusalem. Israels Parlament wird in drei Wochen einen neuen Staatschef wählen. "Die Wahl wird am 10. Juni stattfinden", teilte Knessetpräsident Juli Edelstein am Montag vor der Presse mit. Die siebenjährige Amtszeit von Präsident Shimon Peres läuft am 27. Juli aus. In den vergangenen Wochen hatte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu dafür geworben, die Präsidentschaftswahl um sechs Monate zu verschieben.
Edelstein gab zugleich bekannt, dass alle Kandidaten für die Peres-Nachfolge bis zum 27. Mai ihre Bewerbung einreichen müssen, welche die schriftliche Unterstützung von mindestens zehn Parlamentsabgeordneten erfordert. Bisher haben drei Politiker ihre Kandidatur offiziell angekündigt: Reuven Rivlin vom konservativen Likud-Block, Benjamin Ben Elieser für die sozialdemokratische Arbeitspartei und Meir Sheetrit aus der liberalen Hatnua. Einen Wahlfavoriten gibt es bisher nicht.
Ein Amt mit neuem Ansehen
Friedensnobelpreisträger Peres, mit 90 Jahren der letzte lebende Vertreter der Gründergeneration Israels, hat dem höchsten Staatsamt, das weitgehend auf repräsentative Pflichten und Befugnisse beschränkt ist, zu neuem Ansehen verholfen. Er nutzte seine Position immer wieder, um für die Zweistaatenlösung einzutreten, die nach seiner Auffassung die einzige Option für Frieden und Sicherheit im Nahen Osten und für einen demokratischen jüdischen Staat ist.
Vor der Bekanntgabe des Wahltermins durch Edelstein hatte es hinter den Kulissen ein Tauziehen um eine mögliche Verschiebung der Abstimmung um sechs Monate gegeben. Ministerpräsident Netanyahu versuchte letztlich vergeblich, seine Koalitionspartner für diesen Plan zu gewinnen. Zu seinen Motiven gab es in der israelischen Presse unterschiedliche Spekulationen.
Zum einen sei das wichtigste Ziel Netanyahus, eine Präsidentschaft Rivlins zu verhindern, mit dem er verfeindet ist, obwohl beide Politiker derselben Partei angehören. Da die Erfolgschancen von Energieminister Silvan Shalom (ebenfalls Likud) sehr zweifelhaft wären, seit er kürzlich von einer früheren Mitarbeiterin der sexuellen Nötigung bezichtigt wurde, habe der Ministerpräsident zunächst einen anderen aussichtsreichen Kandidaten aus dem konservativen Lager aufbauen wollen.
Weitere Kompetenzbeschneidungen
Innenpolitische Beobachter berichteten, Netanyahu beabsichtige vor der Neuwahl des Präsidenten eine Gesetzesänderung durchzusetzen, welche die Kompetenzen dieses Amtes weiter beschneidet. So wolle er verhindern, dass der Staatschef nach Parlamentswahlen auf der Basis von Konsultationen der Parteiführer einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt. Dieser Auftrag solle künftig automatisch dem Führer der stärksten Fraktion zufallen. Vergangene Woche lehnte Jair Lapid, Chef der liberalen Zukunftspartei, die zweitstärkste Knessetfraktion, den Plan einer kurzfristigen Wahlverschiebung als "unseriös" ab.
Ob Minister Shalom, gegen den die Ermittlungen wegen Verjährung der Vorwürfe kürzlich eingestellt wurden, nun kandidieren wird, will er noch diese Woche bekanntgeben. Nachdem Moshe Katzav, Vorgänger von Peres, als Präsident zurücktrat und wegen Sexualdelikten ins Gefängnis musste, raten selbst Parteifreunde Shalom von einer Kandidatur ab. Denn angeblich gibt es gegen ihn weitere Beschwerden aus jüngerer Zeit, die aber bisher nicht zu Anzeigen führten.