Zum Hauptinhalt springen

Syrischer Bürgerkrieg droht auf den Libanon überzuschwappen

Von Teresa Reiter

Politik

Bei heftigen Gefechten zwischen der libanesischen Armee und islamistischen Kämpfern starben 16 Soldaten.


Beirut/Arsal. Der Libanon gerät immer mehr in den Strudel des syrischen Bürgerkriegs. Bei den bisher heftigsten Gefechten zwischen der libanesischen Armee und radikal-islamistischen Kämpfern aus Syrien sind am Anfang der Woche 16 Soldaten ums Leben gekommen, 22 weitere werden noch vermisst. Im Zuge eines Befreiungsschlags war die libanesische Armee am Montag in die sunnitische Stadt Arsal nahe der syrischen Grenze vorgerückt. Kämpfer der Al-Kaida-nahen Nusra-Front und der radikalislamistischen Terrororganisation IS (vormals Isis) hatten sich am Wochenende dort eingerichtet, denn die Stadt liegt strategisch günstig in einem Hügelland.

In einem Statement sagte die libanesische Regierung, dass es keinen Deal mit "terroristischen Gruppen, die die staatliche Souveränität des Libanons angreifen und Sicherheitspersonal attackieren" geben würde. Auch Ministerpräsident Tammam Salam fand deutliche Worte. Man könne keine politische Lösung mit den Islamisten finden, die "arabische Gesellschaften mit ihren gewalttätigen Slogans manipulieren". Er würde nicht erlauben, dass diese ihre "kranken Methoden" in den Libanon einschleppen. Er habe Frankreich gebeten, seine Waffenlieferungen an den Libanon zu beschleunigen. Bezahlt werden die Rüstungsgüter von Saudi-Arabien. Die Armee plane nun die Einrichtung einer Verteidigungslinie, um die Stadt Arsal vor Angriffen aus Syrien zu schützen. Diese hatten begonnen, nachdem ein Kommandant der radikalen Al-Nusra-Front im Libanon festgenommen worden war.

Die Bevölkerung Arsals besteht vor allem aus Sunniten, von denen viele Sympathien für die Aufständischen in Syrien hegen. Zudem leben in der Region zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien. Gefechte mit libanesischen Sicherheitskräften sind häufig. Zudem fliegt das syrische Militär immer wieder Luftangriffe in der Umgebung der Grenzstadt, um nach eigenen Angaben Verstecke der Rebellen in den Bergen um Arsal zu zerstören. In einem am Montag von der libanesischen Armee veröffentlichten Video ist zu sehen, wie die Truppen ein vormals von Islamisten besetztes Gebäude in Arsal betreten. Es zeigt die Leichen von sechs Kämpfern, die während der Kämpfe gestorben waren und etwa 20 andere Männer in Handschellen, die mit dem Gesicht zur Wand auf dem Boden knien. Insgesamt sollen vorrückende Soldaten in Arsal die Leichen von 50 militanten Islamisten gefunden haben, hieß es in libanesischen Sicherheitskreisen.

Mit dem Überfall auf Arsal schwappte die Gewalt in Syrien erstmals in größerem Ausmaß auf den Libanon über, der sich noch von seinem eigenen Bürgerkrieg, der bis 1990 gedauert hatte, erholt. Der Krieg im Nachbarland vertieft die Kluft zwischen libanesischen Schiiten, die den syrischen Staatschef Bashar al-Assad unterstützen, und den Sunniten, die auf der Seite der syrischen Rebellen stehen. Der UN-Sicherheitsrat warnte am Montag, dass der Libanon "seine nationale Einheit bewahren" müsse und unterstützte das militärische Vorgehen gegen die Extremisten.