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Der Ex-Guerillero nimmt die Häftlinge auf

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik

In Uruguay haben sechs Ex-Häftlinge aus Guantanamo ein neues Leben begonnen. Präsident Mujica erhebt schwere Vorwürfe gegen die USA.


Montevideo. Gebannt verfolgt Uruguay die ersten Schritte seiner neuen Gäste. Von Abu Wa’el Dhiab beispielsweise ist zu erfahren, dass er vom traditionellen uruguayischen Tee, dem Mate, begeistert ist. Unter den am Wochenende aus dem US-Foltergefängnis Guantanamo auf Kuba entlassenen sechs Ex-Häftlingen ist der Syrer der prominenteste. Er hatte sich in Gefangenschaft an einem Hungerstreik beteiligt und sich gerichtlich vergeblich gegen die Zwangsernährung zu wehren versucht.

Uruguays scheidender Präsident José Mujica hatte US-Präsident Barack Obama zugesagt, die sechs Männer aus Syrien, Palästina und Tunesien aufzunehmen. Der einstige Guerilla-Kämpfer tut das nicht nur aus reiner Gefälligkeit, sondern auch aus politischer Überzeugung. Immer noch warten unzählige Häftlinge, die von den US-Behörden als ungefährlich eingestuft werden, in Guantanamo auf eine neue Heimat. Doch es gibt kaum Staaten, die bereit sind, sie aufzunehmen.Der Linkspräsident will deshalb mit gutem Beispiel vorangehen. "Uruguay war mit Ausnahme der dunklen Zeit der Diktatur immer ein Land der Zuflucht und für uns ist das eine Frage des Prinzips", begründete Mujica die Entscheidung.

Sie ist im Land nicht unumstritten. Mujica, ein überzeugter Atheist und zugleich Anhänger von Papst Franziskus, hatte das Vorhaben bereits im Wahlkampf angekündigt. Die bürgerliche Opposition hatte dagegen gewettert. Zu gefährlich sei das Wagnis, man wisse nicht, worauf man sich da einlasse, argumentierte sie - und unterlag bei der Wahl.

Mujica hatte in jungen Jahren als Guerillero selbst einige Zeit im Gefängnis verbracht. Zu den USA hat er wie fast alle links regierten lateinamerikanischen Länder ein sehr kritisches Verhältnis, was ihn im Gegensatz zu Amtskollegen aus Ecuador, Bolivien oder Venezuela nicht daran hindert, mit US-Präsident Barack Obama direkt zu sprechen und zu verhandeln.

Die Ex-Häftlinge bedanken sich für die neue Chance

Die sechs Ex-Gefangenen bemühen sich derweil darum, ihren neuen Mitbürgern die Angst zu nehmen. Sie seien mit guter Absicht gekommen und wollten nun ein neues Leben beginnen, erklärten sie via Medien und dankten Uruguay für die Chance, die sie bekommen haben.

Abu Wa’el Dhia hat bereits Pläne für die Zukunft geschmiedet. Er will seine Frau und Kinder bald aus Syrien nach Uruguay nachholen und dort so bald wie möglich ein neues Leben beginnen, vielleicht wieder in einem Restaurant als Koch arbeiten. Und Abdelhasu Faraj outete sich als großer Anhänger des uruguayischen Fußballs. Dem Land sei er ewig dankbar, denn hätte ihn Uruguay nicht aufgenommen, würde er weiter in diesem schwarzen Loch in Kuba ausharren müssen, schrieb er in einem offenen Brief.

Unterdessen versucht US-Anwältin Cori Crider, den Übergang der freigelassenen syrischen Häftlinge in den Alltag vorzubereiten. Und sie fährt derweil verbale Kaliber auf. Die US-Soldaten in Guantanamo hätten sie behandelt wie Tiere, erhebt Crider schwere Vorwürfe gegen die US-Behörden.

Auch Uruguays Präsident Mujica präsentierte der US-Regierung die Rechnung in Form einer scharfen Kritik. Es sei nicht hinnehmbar, dass Gefangene heutzutage mehrere Jahre ohne die Chance auf ein Gerichtsverfahren einfach eingesperrt würden. Dann aber stellt sich Mujica, demonstrativ hinter Obama, der ein Präsident sei, der sich bemühe, diese Schande zu beenden. Man müsse Obama dabei unterstützen, denn dem Präsidenten würden im eigenen Parlament Steine in den Weg gelegt, so Mujica weiter. An seiner grundsätzlich kritischen Haltung zu den USA würde sich aber nichts ändern. "Wir haben schon sehr viel kritisiert an dem Yankee-Imperialismus und seinem Missbrauch der Macht und das werden wir auch weiter tun."