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Volle Taschen, wenig Fans

Von Alexander U. Mathé

Politik

Analyse: Im US-Wahlkampf liegt Jeb Bush in den Umfragen weit hinten, was kein Problem ist - noch.


Washington.Geld ist der beste Indikator dafür, wer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird. Zumindest hat seit 1968 stets der Kandidat am Ende die Wahl gewonnen, der die meisten Wahlkampfspenden auftreiben konnte. Einzige Ausnahme - wenn man so will - war die Wiederwahl Bill Clintons 1996, der mit 108,5 Millionen Dollar unterm Strich etwas weniger zur Verfügung hatte als sein Konkurrent Bob Dole mit 110,2 Millionen. Dafür hatte er als Amtsinhaber quasi Heimvorteil.

Nun ist es zwar schwer zu sagen, ob das Geld am Ende wirklich den Sieg kauft, oder ob die Spender nur - quasi im Sinne einer funktionierenden Marktwirtschaft - zielsicher den aussichtsreichsten Kandidaten erkennen und diesem mehrheitlich ihr Geld geben. Immerhin winkt den Geldgebern, wenn sie auf das richtige Pferd setzen, auch der entsprechende Gewinn in Form einer Politik, die ihren Interessen gegenüber wohlwollend gesinnt ist. Fakt bleibt aber, dass der Kandidat mit dem meisten Geld auch die besten Aussichten hat, das Rennen zu machen.

Bush hat bereits 128 Millionen Dollar an Spendengeldern

Von dem her war Jeb Bush unter den Republikanern von Anfang an der logische Topfavorit für die Präsidentschaftskandidatur. 128 Millionen Dollar flossen laut Berechnungen des "Center for Public Integrity" bereits in seine Kriegskasse. Die Einzige, die an diese Summe auch nur annähernd herankommt, ist Hillary Clinton, die auf demokratischer Seite das Ticket für die Präsidentenwahl lösen will und knapp 98 Millionen ins Börserl spülen konnte. Die parteiinterne Konkurrenz hingegen hat gerade einmal halb soviel aufgestellt wie Bush. Die stärksten Verfolger sind Ted Cruz mit 65 Millionen und Marco Rubio mit 50 Millionen.

Doch bisher standen andere im Rampenlicht und führten, beziehungsweise führen, die Umfragen an. Zuerst war das der polternde Hasser mexikanischer Immigranten, Donald Trump, dann Amerikas wohl berühmtester Arzt, Ben Carson, der gerne mit Sklaverei vergleicht, was ihm nicht passt - egal ob es sich dabei um abtreibende Mütter oder die Gesundheitsreform vom Präsident Barack Obama handelt. Der Durchschnitt der bedeutendsten Umfragen ergibt laut dem Meinungsforschungsinstitut Realclearpolitics jedenfalls vor der nächsten Fernsehdebatte am Dienstag folgende Reihung der ersten fünf Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur: 1. Donald Trump (25,3 Prozent), 2. Ben Carson (24), 3. Marco Rubio (9), 4. Ted Cruz (7,5) und erst an abgeschlagener 5. Stelle kommt Jeb Bush (6,5).

Bush deshalb bereits abzuschreiben wäre sicherlich verfehlt. Es ist hier nur von Anfang an eine unterschiedliche Strategie zu konstatieren. Die anderen Kandidaten verfolgen als primäres Ziel vorerst lediglich den Sieg im Vorwahlkampf. Bush hingegen bereitet sich eigentlich schon auf die Endrunde gegen den demokratischen Kandidaten vor. Dass er dabei gute Arbeit leistet, beweist eine andere Umfrage.

Im Vergleich mit Clintonliegt Bush voran

Im direkten Vergleich mit der wahrscheinlichen Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, hat Bush erfolgreich das Feld von hinten aufgerollt. Im März 2014 lag sie noch beeindruckend mit 13,5 Prozentpunkten voran: 51,5 Prozent hatte sie gegenüber Bush mit 38 Prozent. Diesen Vorsprung hat der Republikaner Monat für Monat beharrlich weggeknabbert, bis er es im Oktober erstmals geschafft hat Clinton zu überholen. Derzeit liegt er mit 44,8 zu 43,2 mit 1,6 Prozentpunkten vor ihr.

Das weist auf ein weiteres Phänomen hin: dass nämlich die Klientel bei der Vorwahl und auf nationaler Ebene zwei verschieden Paar Schuhe sind. Bei den Vorwahlen geht es um die Mobilisierung der Parteibasis und das schafft oftmals am besten der Kandidat, der die extremsten Positionen vertritt und markigsten Sprüche liefert. Doch um Präsident zu werden, benötigt es ein anderes Publikum. Je weiter ein Kandidat das politische Extrem ansteuert, um die Parteifundis abzuholen, umso schwerer hat er es später, die Kurve zu nehmen und zur Mitte zu kommen, in der die entscheidenden Wähler warten. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum Bush sich nicht zu weit hinauslehnen will und dafür derzeit in den Umfragen hinterherhechelt. Vorerst ist das nicht weiter schlimm. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Bei den Republikanern hat in den letzten Jahrzehnten gerade jener Kandidat nicht die Nominierung geschafft, der die erste Vorwahl gewonnen hat.

Bush muss mit seinen Kräften nicht nur in politischer, sondern auch in ökonomischer Hinsicht haushalten, will er - so er das republikanische Ticket löst - im Endspurt gegen Clinton nicht verrecken. Bush hat von seinen 128 Millionen erst 20 ausgegeben, also etwas mehr als 15 Prozent. Zum Vergleich: Der derzeit führende Donald Trump hat fast 100 Prozent seiner gesammelten 5,8 Millionen Wahlkampfdollar bereits verpulvert. Auch Ben Carson hat schon zwei Drittel seiner 37 Millionen ausgegeben. Bei Hillary Clinton ist die Hälfte ihrer 98 Millionen weg.

An der Unterstützung vonder Basis hapert es

Die Spendengelder geben noch über einen weiteren Punkt Auskunft. Woher sie kommen, lässt vorsichtige Rückschlüsse darüber zu, wie ein Kandidat bei der Wählerschaft verankert ist. Da steht es bei Bush derzeit nicht unbedingt zum Besten. Er erhält sein Geld nämlich zum überwiegenden Teil von Großspendern, die Medienberichten zufolge mehr als 90 Prozent der Geber ausmachen. Das wiederum bedeutet, dass Bush bei der breiten Wählerschaft und der Basis nicht gut ankommt. Das gegenteilige Beispiel ist der demokratische Kandidat Bernie Sanders, der seine 41,5 Millionen Dollar fast zu hundert Prozent von Leuten hat, die weniger als 200 Dollar gespendet haben.

Diese mangelnde Unterstützung von unten für Bush hängt natürlich direkt mit seinen Popularitätswerten unter den republikanischen Kandidaten zusammen. Bush, der bisher furchtbar farblos gewirkt hat, muss aufpassen, dass er nicht versucht zu laufen, bevor er gehen kann: Bei aller Konzentration auf ein Duell mit Clinton müssen zuerst die Vorwahlen gewonnen werden.

Aber auch mit Blick auf ein mögliches Duell mit Clinton ist Bushs mangelnde Unterstützung von der Basis ein Manko, das sich als entscheidend herausstellen könnte. Denn die Demokratin erhält immerhin ein Viertel ihres Wahlkampfetats von Kleinspendern.

Bush muss also darauf achten, dass er nicht den Anschluss verpasst. Immerhin wird die Zeit langsam knapp. Bis zur ersten Vorwahl sind es nur noch drei Monate. Holt er bis dahin nicht auf, wird auch die großzügige Unterstützung des Establishments vielleicht nicht mehr reichen. Und auch die Serie, in der stets der Kandidat mit dem meisten Geld gewinnt, kann natürlich ein Ende finden.