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Riad schäumt wegen Comeback Teherans

Von Arian Faal

Politik

Analyse: Nach dem Erfolg bei Wahlen kann Irans Präsident Rohani seinen Öffnungskurs in Richtung Westen fortsetzen.


Wien. Der Kampf zwischen den beiden regionalen Erzrivalen Saudi-Arabien und Iran geht in die nächste Runde. Nicht nur, dass die bilateralen diplomatischen Beziehungen auf Eis liegen, es herrscht auch Verbitterung und Wut in Riad über das große internationale Comeback Teherans. Nachdem die Reformer die Parlaments- und Expertenratswahl für gewonnen haben, will der Iran seinen internationalen Einfluss ausweiten. Nicht nur wirtschaftlich und als Ölmacht, sondern auch politisch mischt der schiitische Golfstaat die Karten im Nahen und Mittleren Osten zu seinen eigenen Gunsten neu auf. Großer Verlierer sind die Sunniten, deren Geschickte von den Saudis gelenkt werden.

Es scheint eine Ironie des Schicksals zu sein: Während die Islamische Republik in den 1980er und 90er Jahren von lauter Staaten umgeben war, die unter dem Einfluss der USA oder Saudi-Arabiens standen, sieht sich nun das wahhabitische Königshaus in Riad von einer Reihe von Staaten - etwa von Syrien, dem Irak, dem Libanon, Bahrain und des Jemen - umgeben, in denen Teheran die schiitischen bzw. den Schiiten nahestehenden Kräfte unterstützt.

Der bisher propagandistisch von der iranischen Führung genutzte Ausspruch "ohne den Iran geht in der Region gar nichts" wird aber nicht nur von Außenminister Mohammad Javad Zarif, sondern auch von anderen Staaten wie von der EU, von Russland und der Türkei benutzt. Der Westen will Teheran miteinbeziehen, um Lösungen für Krisen der Region zu finden. Bestes Beispiel hierfür ist die US-Außenpolitik. Hier hat man einen Schwenk vollzogen und scheint die Schiiten - sehr zum Ärger des traditionellen US-Verbündeten Riad - als die vermeintlich weniger radikale muslimische Richtung für sich entdeckt zu haben. Washington will diese als Gegenpol zum sunnitischen Extremismus forcieren. In Zeiten, in denen die Region nicht zur Ruhe kommt und Europa die Folgen der Flüchtlingskrise mehr und mehr zu spüren bekommt, ist jede helfende Hand willkommen. Wenngleich nach wie vor viele westliche Staaten - allen voran die USA und Israel - Teheran vorwerfen, Terroristen zu unterstützen und Unruhe zu stiften, ist man sich einig, dass man die Konfliktherde in Syrien, im Jemen und im Irak nicht ohne iranische Hilfe lösen kann. Auf diesen Zug springen selbst die Amerikaner auf.

Die Zusammenarbeit mit der iranischen Führung bei der Lösung der Probleme des Nahen Ostens wird aber alles andere als einfach werden. Der schiitische Golfstaat und Saudi-Arabien buhlen weiter um Vorherrschaft und Einfluss in der Region. Der Vormarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) macht die Sache nicht einfacher. Die Rivalität zwischen Saudis und Persern wird stellvertretend im Jemen tagtäglich vorgelebt, wo die Saudis die Regierung und der Iran die Houthi-Rebellen unterstützen. Teheran sieht sich allein schon aufgrund seiner Geschichte als große Regionalmacht und will sich dementsprechend behaupten. Als Ventil dient ihm der "schiitische Halbmond".

Teheran forciert den schiitischen Halbmond

Im Nahen Osten werden die Länder, die einen hohen Anteil von Schiiten oder gar eine schiitische Mehrheit in der Bevölkerung aufweisen, als schiitischer Halbmond bezeichnet. Die Bezeichnung geht darauf zurück, dass die Länder Bahrain, Iran, Irak und Libanon einen Halbmond bilden, wenn man sie verbindet. Dieser wird von Teheran genutzt, um die Regionalmacht des Iran und den Einfluss der Schiiten als Gegenpol zu den von Riad geführten Suniiten, die die Mehrheit innerhalb der Muslime bilden, zu stärken. Nach dem jüngsten Wahlerfolg der Reformbewegung für dem moderaten Präsidenten Hassan Rohani hat die Führung von der Bevölkerung den klaren Auftrag bekommen, ihren Öffnungskurs in Richtung Westen fortzusetzen. Unter dem Motto "Kooperation statt Konfrontation" sollen Rohanis Plänen zufolge vier Ziele erreicht werden:

Erstens will Rohani die desolate iranische Wirtschaft durch einen Wiederaufbau der internationalen Beziehungen und durch einen Investitionsschub ankurbeln. Ferner geht es darum, die Beziehungen zu Riad wieder ins Lot zu bringen. Schließlich will man auch eine vorsichtige Annäherung an Washington und letztendlich eine Verbesserung der Alltagsrechte für die Bürger im Iran.

Ob er das alles schaffen kann und ob der Iran ein verlässlicher Partner ist, werden die nächsten Monate zeigen. Die Hardliner im Iran, die eine herbe Niederlage bei den Wahlen einstecken mussten, sitzen ihm jedenfalls im Nacken.