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Vietnams KP schließt ihre Reihen

Von Klaus Huhold

Politik

Die Partei marschiert künftig in eine konservative Richtung.


Hanoi/Wien. Die Zustimmung war groß: Mehr als 95 Prozent der Parlamentsabgeordneten wählten Nguyen Xuan Phuc gestern, Donnerstag, zum neuen Premier Vietnams. Nicht dass es einen Gegenkandidaten gegeben hätte. Vietnam ist ein Ein-Parteien-Staat, in dem die Kommunitische Partei (KP) ohnehin schon im Vorfeld festlegt, wie eine Abstimmung auszugehen hat.

Die Wahl von Phuc war also nur noch ein Formalakt - der allerdings Rückschlüsse auf die zukünftige Ausrichtung der KP zulässt. Denn mit dem Ökonomen hat sich die Partei für einen Pragmatiker entschieden, der dafür bekannt ist, dass er den Konsens sucht. Der frühere Leiter des Investitions- und Planungskomitees in der drittgrößten Stadt Da Nang unterscheidet sich damit erheblich von seinem Vorgänger Nguyen Tan Dung, der seine Meinungen sehr dezidiert vertrat und als Verfechter wirtschaftsliberaler Reformen und als Anti-China-Rhetoriker auffiel. Dung gilt als beliebt in der Bevölkerung, in der Partei soll er vielen zu mächtig geworden sein.

Nun wurde der streitbare Dung ins politische Abseits abgestellt. Mit der Ernennung Phucs zum Premier ist die Umgestaltung der KP abgeschlossen, die bei dem Parteitag im Jänner ihren Anfang nahm. Dabei hat der konservative Flügel gegen die Reformkräfte die Oberhand behalten, wie die Besetzung der wichtigsten Ämter innerhalb der Partei zeigt.

Denn mit Nguyen Phu Trong verteidigte ein Ideologe der alten Schule seinen Posten als Generalsekretär. Präsident wurde ein Hardliner. Ex-Minister Tran Dai Quang ist ein früherer Polizeigeneral, der auch auf eine lange Karriere im Geheimdienst zurückblicken kann. Der gestern gewählte Premier Phuc wiederum ist flexibel und wird die künftige Parteilinie mittragen.

Wurden rund um den Parteitag noch Streitigkeiten innerhalb der KP öffentlich ausgetragen, hat die Partei nun ihre Reihen wieder geschlossen. Sie wird nun wieder als Einheit auftreten, um sich verstärkt den politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen das Land konfrontiert ist, zu stellen.

Harte Zeiten für Dissidenten

Die KP will das Wirtschaftswachstum, das im vergangenen Jahr 6,7 Prozent betrug, zumindest aufrechterhalten. Der südostasiatische Staat hat die Planwirtschaft früherer Tage längst über Bord geworfen und bietet sich mittlerweile als Produktionsstandort an. Die Gehälter sind geringer als in China, weshalb so mancher internationale Konzern seine Fabriken von der Volksrepublik nach Vietnam verlegt hat. Gleichzeitig steht Vietnam unter Druck, da etwa in Bangladesch oder Kambodscha noch niedrigere Löhne gezahlt werden.

Zudem setzt die Exportnation auf Freihandelsabkommen. So hat die Regierung einen derartigen Vertrag mit der EU abgeschlossen, wodurch in Zukunft der Großteil der Zölle wegfallen soll. Zudem ist Vietnam Teil der Transpazifischen Partnerschaft (TPP), die von Kanada über Japan bis Australien zwölf pazifische Nationen umfasst. TTP ist vor allem von den USA vorangetrieben worden, die damit auch auf Vorteile im Wettstreit mit China - das nicht Teil des Abkommen ist - abzielten.

Auch Vietnam schwankt zwischen den USA und China hin und her. Da sich die Regierung in Hanoi mit China um Seegebiete und Inselgruppen um Südchinesischen Meer streitet, ist es durchaus an einer Präsenz des China-Gegenspielers USA in der Region interessiert. Gleichzeitig gibt es Kräfte innerhalb der KP, die China, allein schon wegen des verwandten politischen Systems, als natürlichen Verbündeten ansehen. Sie müssen aber in der Öffentlichkeit zurückhaltend agieren, sollten dort keine zu China-freundlichen Töne anschlagen. Denn in der Bevölkerung macht sich zusehends eine anti-chinesische, nationalistische Stimmung breit.

Es wird erwartet, dass die neue Parteiführung sowohl in wirtschaftlichen Fragen als auch in ihrer China-Politik vor allem pragmatisch agieren wird. Anders verhält es sich im Umgang mit Dissidenten.

Für diese ist das Erstarken der Konservativen und der Hardliner ein Fingerzeig, dass harte Zeiten auf sie zukommen. Erst kürzlich wurde der prominente Blogger und Bürgerrechtler Nguyen Huu Vinh unter Zuhilfenahme schwammiger Paragrafen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Sein Vergehen: Er hatte die Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei in Frage gestellt.