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Papa Trump

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder aus Cleveland

Politik

Donald Trump ist jetzt ganz offiziell der Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Berechenbarer wird er dadurch nicht.


Cleveland. Es hätte wahrlich schlimmer kommen können. Der zweite Tag der Republican National Convention (RNC) in Cleveland verlief aus Sicht der Organisatoren zwar nicht optimal, aber immerhin zufriedenstellend. Bei der offiziellen Abstimmung über die Nominierung von Donald Trump zum Kandidaten fürs Weiße Haus ersparten die Parteitagsdelegierten - mit kleinen, aber vernachlässigbaren Ausnahmen - ihrer Führung jegliche Blamage. Schon zur Halbzeit stand fest, dass Trump nunmehr das Wort "designierter" vor dem Präsidentschaftskandidaten streichen kann.

Der Auftakt der RNC hatte sich am Montag zunächst durchwachsen gestaltet. Am Tag danach berichteten die Medien lieber über die teils wortwörtlich von Michelle Obama abgekupferte Rede von Melania Trump. Die Redenschreiberin von Melania Trump, Meredith McIver. gab am Mittwochabend zu, dass Passagen ihrer Rede bei First Lady Michelle Obama entlehnt waren und übernahm dafür die Verantwortung. Am zweiten der vier Tage dauernden Veranstaltung lief fast nichts mehr aus dem Ruder.

Trumps Kinder loben ihn als fürsorglich und einfühlsam

Zu verdanken war das der klugen Dramaturgie, den Kandidaten als so menschlich und nahbar wie möglich darzustellen; und wer sollte diese herkulische Aufgabe besser bewältigen als die, die ihm am nächsten stehen: seine Kinder. So kam es dazu, dass die zwei Highlights des Abends in der Quicken Loans Arena aus den Reden von Trumps Tochter Tiffany und seinem Sohn Donald Trump Junior bestanden. Die 22-jährige und ihr 38-jähriger Halbbruder machten ihre Sache gut. Während Tiffany ihren Vater als fürsorglich, mit- und einfühlsam darstellte, stellte Donald jr. dessen Qualitäten als Geschäftsmann in den Mittelpunkt, der sein Wissen und seine Willenskraft zum Segen des Landes nutzen will. Beide sponnen die Trump-Legende weiter, nach der der New Yorker Immobilienmagnat und Ex-Reality-TV-Star den personifizierten amerikanischen Traum darstelle, weil er einer sei, der sich sein Vermögen quasi im Alleingang und kraft seiner Schlauheit, seiner Arbeitsethik und seiner Ausdauer erarbeitet habe.

Zweifelhafte Aussagen, weil sie derzeit und wahrscheinlich auch in Zukunft nicht überprüfbar sind. Tatsache ist, dass niemand weiß, wie viel Geld Trump wirklich hat. Unter anderem, weil er sich bis heute, entgegen allen politischen Gepflogenheiten, standhaft weigert, seine Steuererklärung zu veröffentlichen. Auch der Mythos von Trump als Schmied des eigenen Glücks ist insofern äußerst zweifelhaft, weil zahlreiche jener Deals, die seine eigene Business-Karriere begründeten, mehr auf die politischen Kontakte und das Geld seines Vaters Fred zurückzuführen sind als auf sein eigenes Talent. Die republikanische Basis stößt sich nicht an derlei, wie sie dem 70-Jährigen überhaupt alles zu glauben scheint. Der Schachzug, den Nachwuchs die Geschichte vom guten Papa Donald erzählen zu lassen, erwies sich ohne Zweifel als effektiv.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag setzte sich die Strategie fort, als Eric Trump in Cleveland am Podium das Wort ergriff. Donald Trump, ein Mann, der sich im Fall seiner Wahl zum Präsidenten um alle Landeskinder genauso kümmern wird wie um seine eigenen. An und für sich hatte die Tageslosung ja "Make America work again" gelautet und hätte laut Programm ganz dem Thema Wirtschaft gewidmet sein sollen. Tatsächlich nahmen sich die übrigen Sprecher nämlichem nur am Rande an. Mitch McConnell, der Sprecher der Mehrheitsfraktion im Senat und Paul Ryan, sein Gegenstück im Abgeordnetenhaus, appellierten beide an den Saal, sich jetzt geschlossen hinter Trump zu stellen und das praktisch, ohne seinen Namen auszusprechen. Beide Parteiführer redeten einem Pragmatismus das Wort, der einerseits offenbarte, wie weit Trump das Parteiestablishment mit seinem Populismus in die Knie gezwungen hat und andererseits, wie weit die Konservativen in der Verhinderung Hillary Clintons tatsächlich zu gehen bereit sind.

Trump selbst ist mit seiner Rede, in der er die Nominierung offiziell akzeptieren wird, am Donnerstag dran. Man darf gespannt sein, inwieweit er seine bei der republikanischen Basis populärsten Versprechen - der Bau einer Mauer zu Mexiko, die Verhängung eines Einreiseverbots für Muslime, Strafen für Frauen, die abtreiben, - beibehalten wird. Viel spricht dafür, das er der Parteiführung weiter entgegen kommen wird. Ein Prozess, der schon in der Nominierung von Mike Pence, dem Gouverneur von Indiana, zum Vizepräsidentschaftskandidaten Niederschlag fand.

Donald Trump eilt dem CEO von Fox News zu Hilfe

Ganz Verlass darauf ist indes nicht, wie Trump noch am Dienstagmorgen zeigte, als er ein vom Republican National Council von langer Hand geplantes Frühstück mit dutzenden Geldgebern der Partei im Football-Stadion der Cleveland Browns kommentarlos platzen ließ. Nach dem Auftritt seiner Frau am Montag war er sofort wieder nach New York zurückgeflogen, wo er gerade einen Freund berät, der in der Klemme steckt - und der, ganz nebenbei, die Republikanische Partei bisher in der Hand hatte wie kaum ein anderer: Roger Ailes. In Manhattan wird dieser Tage über das Schicksal des Chefs des einflussreichsten Vertriebswegs rechter Propaganda aller Zeiten entschieden.

Ailes (76) gilt als Herz und Hirn von Fox News, jenem berühmt-berüchtigten Kabelsender, der die konservative Botschaft mit mitunter brachialen Methoden unters Volk bringt. Es war Ailes, der Fox News bei seiner Gründung vor 20 Jahren das Motto "Fair and Balanced" verpasste - obwohl, beziehungsweise eben genau deshalb, weil es alles, nur nicht das ist. Als CEO regierte Ailes den Sender bis zuletzt in absolutistischer Manier. Der einzige, bei dem er regelmäßig Rechenschaft ablegen musste, war Fox-News-Gründer Rupert Murdoch persönlich. Ailes machte Fox News zum erfolgreichsten US-Kabelsender. Quotenhits wie "The O’Reilly Factor" bescheren ihm bis heute einen Milliardenumsatz.

Jetzt sieht alles danach aus, dass Ailes den Hut nehmen muss, spätestens am 1. August. Dann läuft ein Ultimatum ab, dass ihm die zwei Söhne Murdochs gesetzt haben, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er in regelmäßigen Abständen und über einen jahrelangen Zeitraum hinweg Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben soll. Prominentestes Opfer scheint Megyn Kelly zu sein, jene Fox-News-Moderatorin, die während der Vorwahlen ausgerechnet mit Donald Trump über Kreuz lag, weil der ihr nach einer TV-Debatte auf übelste Weise niedere Beweggründe unterstellt hatte ("Aus ihren Augen ist Blut gekommen, aus ihrer . . . woher auch immer").

In der Vergangenheit war immer wieder in Frage gestellt worden, warum Fox News Trump mit Ausnahme Kellys nur mit Samthandschuhen anfasste. Trump hatte schon damals signalisiert, dass er mit Fox prinzipiell kein Problem haben werde, weil er angeblich Dinge über Ailes wisse, die nur wenige wüssten. Zumindest die Spekulationen darüber, was Trump in der Hand hatte, dürften jetzt ein Ende haben.