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"Ab jetzt ist die Zeit der Ernte angebrochen"

Von Arian Faal

Politik
© Faal

Der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, im Exklusivinterview über die Folgen des Atomdeals.


"Wiener Zeitung": Nach dem Atomdeal kann der Iran wirtschaftlich nur zögerlich Fuß fassen. Sind Sie enttäuscht?Ali Akbar Salehi: Der Deal konnte zustande kommen, weil der Westen per se begonnen hat, die Realitäten anzuerkennen und in Bezug auf den Iran nicht mehr illusorisch zu urteilen. Es ist klar, dass der größte Anteil der Sanktionen mittlerweile aufgehoben wurde und nur noch wenige aufrecht sind, aber es geht in die richtige Richtung.

Es gibt die Weigerung der Großbanken, mit dem Iran Geschäfte zu machen . . .

Ja, aber mit der jüngsten Zustimmung für die Airbus- und Boeing-Deals wird sich das ändern. Wenn einmal ein Großprojekt startet und umgesetzt wird, kommt der ganze Zug ins Rollen. Auf jeden Fall ist ab jetzt die Zeit der Ernte angebrochen.

Wird auch geerntet, wenn der neue US-Präsident Donald Trump heißt?

Wer auch immer das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten übernimmt, wird sich der Realität am Boden anpassen müssen. Wir sehen natürlich, dass es Kräfte gibt, die den Deal um jeden Preis gefährden wollen, die gibt es auch im Iran, aber summa summarum bin ich optimistisch, dass er hält. Es könnte ein wenig rauf und runter gehen und einige Dinge könnten sich verzögern, aber nichts ernsthaft gefährden.

Was ist mit den Wirtschaftsproblemen Ihres Landes? Wie wollen Sie die in den Griff bekommen?

Die iranische Wirtschaft hat sich in den vergangenen 37 Jahren wegen einer Reihe von Ereignissen wie dem Iran-Irak-Krieg und wegen ungerechtfertigter Sanktionen eigenständig und unabhängig entwickelt. Nach dem Deal können wir jetzt zusätzlich auch internationale Wirtschaftskontakte knüpfen. Unsere Wirtschaftsentwicklung wird ab nun nur noch bergauf gehen. Es kann sein, dass die Steigung nicht immer gleichmäßig ist, aber Fakt ist, dass es nicht mehr bergab geht.

Warum sollte man als ausländischer Investor im Iran tätig werden?

Das kann ich Ihnen sehr leicht beantworten. Es sind ideale Bedingungen, angefangen von der geostrategischen Lage unseres Landes bis hin zur Infrastruktur über die Stabilität in einer unruhigen Region. Unser größtes Kapital sind aber die menschlichen Ressourcen. Wir haben viele Akademiker und ausgezeichnetes Fachpersonal.

Zwischenzeitlich hat man den Eindruck, dass die Geduld der Hardliner und des Obersten Führers in Bezug auf das Ausbleiben der positiven Effekte des Deals am Ende ist. Treffen Sie die aggressiven persönlichen Diffamierungen der Ultrakonservativen?

Es gibt immer Querelen zwischen den politischen Opponenten, schauen Sie sich den rauen Ton zwischen Hillary Clinton und Donald Trump in den USA an. Auch bei uns ist das nicht anders. Ein Politiker sollte immer durch Ehrlichkeit und Geduld glänzen. Meiner Meinung nach ist jemand, der ehrlich agiert, am Ende immer glorreich. Diejenigen, die mit Lug und Trug handeln, können zwar kurzfristig ein Hoch haben, verlieren am Ende des Tages allerdings.

Wie reagieren Sie darauf?

Ich bin überhaupt nicht besorgt, da manche Aussagen so abstrus sind, dass die Zuhörer erkennen, was wahr ist und was nicht. Jemand hat gesagt, dass ich bei einem Gespräch mit Earnest Moniz, meinem ehemaligen Professor, die nuklearen Errungenschaften des Iran angeboten habe. Moniz war nie mein Lehrer und ich bin nicht allein für das iranische Nuklearprogramm verantwortlich. Die Menschen können die Wahrheit sehr wohl herausfiltern. Wenn es persönliche Diffamierungen gibt, dann trifft mich das schon sehr.

Steht Khamenei noch hinter dem Deal?

Ja selbstverständlich. Als ich Außenminister war, war ich selbst bei ihm und habe die Erlaubnis von ihm bekommen, mit den Amerikanern, die über den Vermittler Oman Bereitschaft signalisiert hatten, Direktgespräche zu führen. Er hat sehr weise entschieden und rote Linien festgelegt. Ohne seine Unterstützung wäre dieses Ergebnis nie möglich gewesen.