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"Er kann sich selbst nicht helfen"

Von Siobhán Geets

Politik

Trumps Attacken auf Journalisten führen zu einem Schlagabtausch zwischen ihm und den Medien.


New York/Wien. "Ihre Organisation ist schrecklich. Das sind fake news! Ruhe! Sie sind unverschämt!", und: "Es waren meine Gegner, kranke Leute, die diesen Müll zusammengetragen haben." Auf Berichte, wonach Russland Material über ihn habe, das ihn erpressbar mache, reagierte der designierte US-Präsident Donald Trump geradezu eruptiv. So etwas, schrieb CNN-Reporter Jim Acosta nach der Pressekonferenz am Mittwoch auf Twitter, sei ihm, der bereits über vier Präsidentschaftswahlkämpfe berichtet habe, noch nie passiert. "Ihnen gestatte ich keine Frage", hatte Trump Acosta entgegengeworfen.

Trump sei "wie ein Hund"

Dass ausgerechnet Trump führende US-Medien wie CNN als Verbreiter von Fake-News, von als Nachrichten getarnten Lügen, bezichtigt, sorgt in den sozialen Medien für Empörung. War es nicht Trump, der während des US-Wahlkampfes eine ganze Serie von Lügen verbreitete? War es nicht er, der sich früher am Telefon mit Reportern häufig als sein eigener Sprecher ausgegeben hatte - um etwa zu behaupten, mit Carla Bruni, damals Model, heute Ehefrau des späteren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, geschlafen zu haben? Über US-Präsident Barack Obama behauptete Trump, dieser sei ursprünglich gar kein Amerikaner, sondern ein kenianischer Moslem. Nachdem er schließlich im September einräumte, dass Obama sehr wohl in den USA geboren sei, schob er die Schuld kurzerhand auf seine demokratische Rivalin Hillary Clinton: Sie sei es gewesen, die diese Lüge verbreitet hätte.

Die Frage, ob Trump, einmal angelobt, seine Rhetorik ändern wird, kann zwar noch nicht beantwortet werden. Bei seiner ersten Pressekonferenz als designierter Präsident trat er jedoch auf wie immer: Laut und eitel ("Ich bin der größte Schaffer von Arbeitsplätzen, den Gott je in die Welt gesetzt hat"), er gab sich kämpferisch und mimte den Beleidigten.

Ändert Trump seinen Ton auch als Präsident nicht, dann stehen die USA tatsächlich vor einer neuen Ära. "Ist das unser neuer Alltag?", fragt etwa die Washington Post. Und: "Es war ein verrückter Tag für die Politik in Amerika." Das Magazin "Politico" ist gar überzeugt, dass die Präsidentschaft Trump nicht ändern wird: "Trump wird die Präsidentschaft ändern." Am härtesten zieht jedoch der britische linksliberale "Guardian" mit dem Milliardär ins Gericht. Trumps Präsidentschaft sei schon jetzt ein "Durcheinander". Die Strategie seines Krisenmanagements sei miserabel: "Wie ein Hund, der zu seinem eigenen Erbrochenen zurückkehrt, kann er sich selbst nicht helfen."

Britischer Spion untergetaucht

Geschadet hat Trump sein miserables Verhältnis zu den Medien bisher jedoch nicht. Der CNN-Journalist Timothy Stanley spricht in diesem Zusammenhang vom "Trump-Paradoxon": "Trump und die Presse hassen sich gegenseitig, aber sie füttern sich auch", schreibt er. Auch, wenn Trump alles andere als professionell und diplomatisch agiert: Die Öffentlichkeit nehme ihm das nicht übel, denn auch sie habe ein gespaltenes Verhältnis zu den Medien entwickelt.

So gab es auf Twitter auch Zuspruch für Trumps harsche Worte gegen den CNN-Reporter. Wenige Stunden vor der Presserkonferenz hatte der Sender berichtet, dass Moskau womöglich über Informationen verfügt, mit denen Russland Trump erpressen könnte. Verifiziert werden konnte diese Behauptung bislang nicht. Die "New York Times" veröffentlichte jedoch eine Liste dessen, "was wir über das Trump-Dossier wissen".

Demnach beauftragte ein US-Rechercheinstitut vergangenes Jahr einen britischen Ex-Geheimdienstagenten damit, Trumps Verbindungen nach Moskau zu untersuchen. Bezahlt wurde das von Trumps Gegnern aus den Reihen der Republikaner, später gesellten sich die Demokraten dazu. Von Juni bis Dezember trug der ehemalige Spion - ein Russland-Experte des britischen Auslandsgeheimdienstes, der mittlerweile untergetaucht ist - dutzende Berichte seiner Kontaktmänner zusammen. Darin wird behauptet, dass die russische Regierung jahrelang versucht habe, Einfluss auf Trump zu nehmen: Einerseits mit einem Video von 2013, das ihn beim Sex mit Prostituierten in einem Moskauer Hotel zeigt, andererseits hätte sie ihn mit lukrativen Geschäften zu locken versucht.

Zudem hätten sich Leute aus Trumps Team mit Vertretern Moskaus getroffen, um über die von Russland gehackten E-Mails Hillary Clintons zu sprechen. Der Ex-Spion habe seine Memos zuerst seinen Auftraggebern und später an FBI und Medien geschickt.

Das FBI will die Berichte nun auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen. Vor allem den Demokraten liegt viel daran, herauszufinden, ob sich Trumps Team während des Wahlkampfs wirklich mit Vertretern Moskaus getroffen hat. Viel Zeit für die Untersuchungen bleibt allerdings nicht: Sobald Trump am 20. Jänner angelobt wird, stehen auch das FBI und andere Geheimdienste unter seiner Obhut. Und Trump wird kaum daran interessiert sein, Licht auf die Sache zu werfen.