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Offen für Überraschungen

Von WZ-Korrespondentin Veronika Eschbacher

Politik
Trumps Anhänger freuen sich über einen "Mann der Tat" im Präsidentenamt.

Während die Popularitätswerte von Donald Trump mickrig sind, herrscht bei Republikanern Zukunftsoptimismus.


Irvine. Die große, gleißend weiße Halle im kalifornischen Irvine ist gut gefüllt. Ein älterer, etwas gebrechlicher Herr mit offenem Hemd klatscht dem neben ihm sitzenden Mann euphorisch auf den Oberschenkel. "Haben wir gewonnen, oder was?", sagt er und strahlt bis über beide Ohren. Sein Sitznachbar zwinkert ihm zu und reckt wortlos die Faust in die Höhe. Rundum werden an diesem Tag, bei der ersten Sitzung der Republikanischen Partei von Orange County im neuen Jahr, fröhliche Geschichten und Erinnerungen an die historische Wahlnacht im November ausgetauscht - jene Nacht, in der die demokratische Kandidatin Hillary Clinton eine bittere Niederlage erlebte und der republikanische Kandidat Donald Trump entgegen den Umfragen und Expertenmeinungen die meisten Wahlmännerstimmen und somit den Sieg einfuhr. "Ich bin abends glücklich eingeschlafen und am Morgen selig aufgewacht", erinnert sich ein Republikaner. "Ich bin aufgewacht und war plötzlich nicht mehr sicher, ob ich den Wahlsieg von Donald Trump nur geträumt hatte", meint ein anderer. Die Umstehenden lachen.

"Bei Trump sehen wirHandeln anstatt Worte"

Viel mehr als über die Vergangenheit wird an diesem Abend aber, zwischen Gebeten für den Präsidenten, langwierigem Abrufen von Anwesenheitslisten und Abstimmungen über Führungspositionen in der lokalen Partei, über die Zukunft des Landes unter republikanischer Führung sinniert. Während andernorts in Kalifornien die Menschen zuweilen die Hand vors Gesicht schlagen und die Apokalypse aufziehen sehen, sobald der Name Trump fällt, trifft man hier, im Kreise der Konservativen, auf viel Heiterkeit und Zukunftsoptimismus.

"Brillant, einfach nur brillant", beschreibt etwa Edward Sachs, der großgewachsene, bärtige Vizebürgermeister von Mission Viejo, Donald Trump und die Zusammenstellung seines Kabinetts. Die Männer und Frauen, die künftig als Außen-, Verteidigungs- oder Bildungsminister der USA dienen und denen bisweilen angekreidet wird, es mangle ihnen an politischer Erfahrung, hätten nämlich eine Ahnung davon, wie man Geschäfte macht und wie Firmen arbeiten. Und darauf komme es jetzt an: "Im Geschäftsleben erledigt man die Dinge sofort, in Washington D.C. oder in Brüssel werden die Dinge zerredet, bevor man handelt. Bei Trump sehen wir Handeln anstatt Worte", freut sich Sachs.

Dass Trump ein Mann der Tat ist, könne man bereits jetzt erkennen. "Noch bevor er vereidigt war, hat er Firmen in die USA zurückgebracht und bei weiteren wichtigen Themen, die andere Politiker jahrelang vernachlässigt haben, konnte er Leute zusammenbringen, um sie voranzutreiben", sagt Sachs.

Auch Sue Hamilton aus Brea kann es kaum erwarten, dass mit Trump ein frischer Wind in Washington einzieht. Sie unterstützte den Republikaner vom ersten Tag an, alle seine Positionen im Wahlkampf hatten die 68-Jährige angesprochen. Das Amerika vor Trump beschreibt sie als düster und traurig. "In den vergangenen Jahren ist der Stolz auf unser Land verloren gegangen, die Rassenbeziehungen haben sich immens verschlechtert und der Respekt vor Gott wurde vermindert, ja Menschen haben gar versucht, uns zu beschämen, weil wir gläubig sind", sagt die Pensionistin. "All das sind aber Sachen, auf die unser Land aufgebaut ist." Und: Donald Trump werde genau dies wieder zurückbringen.

Trump, der Kämpfer,Trump, der Mutige

Noch immer stößt Hamilton vor allem der Beginn der ersten Präsidentschaft von Barack Obama sauer auf. "Obama hat uns zum Gespött gemacht", sagt sie. Dass der Präsident seine Amtszeit mit einer "Entschuldigungs-Tour" gestartet hatte, dafür habe sie sich richtig geschämt. Unter Donald Trump werde das Ansehen der USA in der Welt nun aber wieder steigen. "Putin hätte sich bestimmt gefreut, wenn Clinton Präsidentin geworden wäre, denn er hatte keine Angst vor ihr. Er wird aber sehr vorsichtig dabei sein, wie er mit Trump umgeht", ist Hamilton überzeugt.

Wobei - die Frage über den Umgang mit anderen ist so eine Sache. Immerhin ist Donald Trump für seinen ruppigen, bisweilen beleidigenden, untergriffigen Ton und direkte Angriffe bekannt. "Sein Stil kann sehr irritierend sein", gesteht Hamilton ein. Es habe Zeiten gegeben, in denen sie sich gedacht habe: "Gott, ich wünschte, du wärst hier neben mir, dann würde ich dich an den Schultern packen und schütteln", sagt die Kalifornierin. Sie hält aber dagegen, dass die meisten Menschen - vor allem in sozialen Medien - Dinge äußern, die sie von Angesicht zu Angesicht nie sagen würden. Hamilton ist hoffnungsvoll, dass Trump sich bessern wird, und drängt zu Milde. "Auch er muss in die Präsidentschaft hineinwachsen, das ist für ihn eine ganz neue Erfahrung."

Milde will sie auch gegenüber Trumps zahlreichen Versprechen aus dem Wahlkampf walten lassen. Sie werde nicht darauf bestehen, dass er jedes einzelne Vorhaben auf Punkt und Bleistift wie angekündigt umsetzt, das sei ohnehin noch bei keinem Präsidenten so gewesen. Genauso wenig stört es sie, dass sie die Vorhaben der Trump-Administration nicht detailliert kennt und wohl die eine oder andere Überraschung zu erwarten sei. Auch die gegensätzlichen Positionen zwischen Trump und manchen seiner designierten Minister, die in den Senats-Anhörungen zutage traten, beunruhigen sie nicht. Trump sei generell ein kompromissbereiter Mensch. "Der Präsident hat aber auch den Mut, Kabinettsmitglieder, die sich gegen ihn stellen und ihn ständig bekämpfen, loszuwerden", sagt die Konservative.

Auch für Mary Jeffries aus Dana Point sind es vor allem die persönlichen Qualitäten von Donald Trump, die ihm dabei helfen werden, alle anstehenden Probleme und Herausforderungen, die der Job des US-Präsidenten mit sich bringt, erfolgreich zu meistern und international US-Interessen durchzusetzen. "Trump ist aufrichtig, smart und handelt instinktiv. Und er ist ein Kämpfer - er hat gesagt, er wird gewinnen, und er hat gewonnen", sagt die Immobilienmaklerin.

Sie traut ihm auch zu, das gespaltene Land zu einen - und zwar durch Jobs. "Wenn die Menschen Arbeit haben und für sich und ihre Kinder sorgen können, dann verbessert sich ihre Selbstachtung, sind sie nicht mehr wütend und sie werden sich nicht mehr in die Angelegenheiten von anderen Menschen einmischen", ist Jeffries überzeugt.

Nur Jimmy Carter warnoch unbeliebter als Trump

Während bei Hamilton und Jeffries der sogenannte Honeymoon noch im vollen Gange ist - jene Phase nach der Wahl also, in der das Ansehen eines Kandidaten traditionell steigt, weil er einen Vertrauensvorschuss erhält -, hat Trumps Ansehen bei vielen anderen US-Bürgern in den vergangenen elf Wochen der Machtübergabe so tiefe Kratzer erhalten, dass er mit den niedrigsten Popularitätswerten eines frisch gekürten Präsidenten seit 1977 ins Weiße Haus einzieht. Nur Jimmy Carter war zur Zeit seiner Amtsübernahme noch unbeliebter gewesen. Umfragen zufolge haben aktuell 40 Prozent der Amerikaner eine positive Sicht auf Donald Trump (Barack Obama erreichte 80, Bill Clinton 81 und George H.W. Bush 82 Prozentpunkte).

Die niedrige Prozentzahl mag auch darauf zurückzuführen sein, dass der Präsident auch bei dem einen oder anderen Republikaner nicht auf vollen Enthusiasmus und uneingeschränkte Rückendeckung zählen kann. Auch bei Robert Petrosyan, einem 21-jährigen Studenten aus Orange County, hat es gedauert, bis er sich mit Trump angefreundet hat. "Er ist eben nicht der klassische Konservative", sagt der junge Republikaner. Er sei vor allem froh darüber, dass Barack Obama nun nicht mehr sein Präsident ist. Trump hält er zugute, dass er viele enttäuschte Wähler wieder aus ihrer politischen Resignation geholt und sie so wieder in die Gesellschaft zurückgebracht hat.

Dem Präsidenten will er genau auf die Finger schauen. Amerika habe nicht nur Donald Trump gewählt, sondern auch einen republikanischen Kongress und Senat. "Wir sollten also nicht unser ganzes Vertrauen und die Macht in die Hand einer Person legen", sagt Petrosyan. "In Amerika geht es heute vielmehr um eine politische Bewegung, eine Bewegung weg von der liberalen Politik der vergangenen acht Jahre."