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Die USA zementieren ihre Isolation

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik

Der Eklat um den Mauerbau zu Mexiko und die politische Ohrfeige, bei Nicht-Sputen gleich das Treffen abzusagen, bringen die USA auf dem amerikanischen Kontinent wieder in Verruf. Dabei hatte Obamas Kuba-Politik für ein Tauwetter gesorgt.


Bogotá. Lange hat der damalige US-Präsident Barack Obama mit sich gerungen, um einen historischen Schritt zu tun: Die Tauwetter-Politik mit Kubas Kommunisten gehörte zu den wichtigsten Entscheidungen seiner Amtszeit. Der Besuch in Havanna, die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen: All das brachte Washington jenseits des Rio Bravo Respekt ein. Vertrauen, das die USA aufgrund der vielen CIA-Skandale in Lateinamerika und die Verstrickungen in die brutalen Militärdiktaturen des 20. Jahrhunderts verloren hatten.

All das setzt Donald Trump mit seinem Bau der Mauer zwischen den USA und Mexiko aufs Spiel. Als Folge ihrer Interventionspolitik haben die Vereinigten Staaten ohnehin schon viel Einfluss in ihrem oft spöttisch genannten Hinterhof verloren. Bis auf Kolumbien ist den USA kein wirklicher Verbündeter in der Region geblieben. Die vorsichtige Wiederannäherung mit Obama droht bereits eine Woche nach dem Amtsantritt mit Trump schon wieder das Aus.

Schon jetzt haben die USA den moralischen Führungsanspruch in der Region aufgrund ihrer jüngeren Vergangenheit im 21. Jahrhundert verloren. Am sichtbarsten wird das, wenn die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) versucht, in Venezuela oder Kuba diplomatisch einzugreifen. Die OAS-Initiativen verhallen wirkungslos, denn sie gelten als aus Washington gesteuert. Lateinamerikas Linksregierungen wollen ohnehin, dass der OAS-Sitz aus Washington in ein südamerikanisches Land verlegt, damit er den Stempel eines US-amerikanischen Gefälligkeitsinstituts verliert.

Selbst anerkannte unabhängige Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch bekommen die Wut der Lateinamerikaner auf die USA zu spüren. Kritisieren sie Verfehlungen in der Region, heißt es fast reflexartig aus Caracas oder Havanna: Washington hat uns ganz nichts zu sagen, obwohl die US-Regierung überhaupt keinen Einfluss auf die Organisation hat.

Trump lädt Pena Nieto aus

Die Mauer zwischen den USA und Mexiko zementiert die selbst gewählte Isolation der USA gegenüber dem Rest Amerikas. Das wird zu einer weiteren Selbstständigkeit Lateinamerikas führen. Schon jetzt wächst der Einfluss relativ junger Staatenbündnisse wie Südamerikas Unasur oder das flächendeckende Lateinamerika-Karibikbündnis Celac. Die USA sind aus dem Spiel. Ecuadors Linkspopulist Rafael Correa träumt gar von einer eigenen lateinamerikanischen Menschenrechtskommission.

Handelsbeschränkungen wie das Importverbot gegen argentinische Zitronen oder angedrohte Strafzölle gegen die mexikanische Autoindustrie werden die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Lateinamerika vergiften. Schon jetzt hat sich China, der Lieblingsrivale Trumps riesige Ländereien in der Region gesichert. Peking hat Zugriff auf Rohstoffe und die Nahrungsmittelproduktion. Zeitgleich sinkt der Einfluss Washingtons.

Zugleich entfacht Trump mit seinem demütigenden Politikstil gegenüber Mexiko Emotionen zwischen Mexiko-Stadt und Feuerland. Mit dem Bau einer Mauer könnten die meisten Lateinamerikaner, selbst geplagt unter dem Einfluss der sozialen Unruhen durch Migrationsbewegungen, noch leben. Die Art und Weise; wie Trump Mexiko dafür aber zur Kasse bitten will, entwürdigt den südlichen Nachbarn. Am Donnerstag legte Trump etwa dem bisher noch nach diplomatischen Auswegen suchenden mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto nahe, das geplante Treffen mit ihm zu streichen, wenn Mexiko nicht bereit sei, die dringend benötigte Mauer zwischen beiden Staaten zu finanzieren. Das ist eine politische Ohrfeige und Pena Nieto sagte das Treffen natürlich umgehend ab. Trumps Kurs wird Mexiko in einen Konfrontationskurs zwingen: Nieto, zurzeit wegen einer innenpolitischen Krise und katastrophaler Umfragewerte unter Druck, bleibt gar keine andere Wahl als selbst in einen Kampfmodus zu schalten. Auch diese Folgen sind unvorhersehbar. Trump lässt seinem südlichen Partner bisher keinen diplomatischen Ausweg, um das eigene Gesicht zu wahren. Eine sehr gefährliche Entwicklung. Zumal die USA auch Mexiko brauchen, um eine effektive Anti-Drogen-Politik zu gestalten und die wirtschaftlichen Verflechtungen nicht zu gefährden.

Trumps Lateinamerika-feindliche Politik wird Proteste und Ablehnungen hervorrufen, die in den nächsten Jahren die Wahlen beeinflussen werden. In Mexiko wird 2018 ein neuer Präsident gewählt. Schon jetzt ist absehbar, dass der Konflikt mit Washington den Wahlkampf bestimmen wird. Und diesen Wahlkampf wird sicher kein USA-freundlicher Kandidat gewinnen. Der Kontinent wird wieder nach links rücken, neue Gegenspieler Washingtons werden die Bühne betreten. Das zerschlagene Porzellan wird nicht mehr zu kitten sein. Der Bruch zwischen Washington und dem Rest Amerikas wird so fest stehen wie das Jahrhundertbauwerk des Donald Trump.