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Höllenhund der US-Geheimdienste

Von Reinhard Göweil

Politik
Der mysteriöse Bawag-Eigentümer Stephen Feinberg soll künftig die US-Geheimdienste beaufsichtigen.

Bawag-Eigentümer und Cerberus-Chef Stephen Feinberg soll für Trump die 16 US-Nachrichtendienste auf Linie bringen - Unvereinbarkeit droht.


Washington/Wien. Cerberus ist in der griechischen Mythologie ein mehrköpfiger Hund, der den Eingang zur Unterwelt bewacht, daher der Name "Höllenhund". Stephen Feinberg gründete 1992 die Investmentgesellschaft Cerberus. Sie investiert in unterbewertete Unternehmen und verkauft sie nach einigen Jahren mit Gewinn weiter. Soweit das theoretische Geschäftsmodell. Derzeit verwaltet das Unternehmen von Stephen Feinberg Vermögen von mehr als 25 Milliarden Dollar. Die hierzulande sicher bekannteste Beteiligung ist die Bawag/PSK. Cerberus hält 52 Prozent an der Bank und will sie seit längerem verkaufen. Mit der nun vorliegenden Bilanz wurde die Braut gut geschmückt.

Geschäfte mit Waffen,Munition und Personenschutz

Der überaus medienscheue Stephen Feinberg ist aber in den USA auch im Waffen- und Sicherheitsgeschäft tätig. Seine "Freedom Group" fasst Waffenproduzenten wie Remington, Marlin, DPMS sowie Munitions-Hersteller zusammen. Und Cerberus gehört der private Sicherheits- und Militärdienst DynCorp. International. Das Unternehmen beschützt US-Militäreinrichtungen, Diplomaten und Manager in Krisengebieten. Mehr als 90 Prozent des Umsatzes kommt von der öffentlichen Hand in den USA. Das US-Außenministerium und US-Geheimdienste sind die Auftraggeber. DynCorp ist im Irak, Afghanistan, Bosnien-Herzegowina, Kolumbien und Somalia aktiv.

Nun soll Stephen Feinberg, der Mitglied in Trumps Wirtschafts-Gremium während seines Wahlkampfs war, in die Administration des umstrittenen US-Präsidenten einsteigen. Und zwar als "Aufpasser", also quasi als Höllenhund für die amerikanischen Geheimdienste. Vor allem die Veröffentlichung der Gespräche mit russischen Offiziellen des darüber gestolperten Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn ärgert das Weiße Haus. Nicht etwa die Tatsache, dass Flynn noch in der Amtszeit von Barack Obama mit Russland über eine Lockerung der Sanktionen gesprochen hat, alarmiert das Weiße Haus. Nein, es sind die "Informations-Lecks", die Trump schließen will und in einem seiner berüchtigten Tweets als "unamerikanisch" bezeichnete.

Feinbergs Bestellung alsSieg der "Bannon-Fraktion"

Eine Möglichkeit dazu ist die Reform des sogenannten "Office of the Director of National Intelligence". Das ist eine Art Koordination der 16 US-Nachrichtendienste, gegründet nach dem 9/11-Anschlag 2001. Die verfügen gemeinsam über ein jährliches Budget von wenigstens 70 Milliarden Dollar und umfassen die CIA, das FBI, die DEA (Drogenbekämpfung), alle Armee-Dienste sowie jene des Schatzamtes.

Hier soll Stephen Feinberg eine noch nicht näher beschriebene führende Stellung einnehmen. Der 56-jährige Banker ist laut US-Medien ein guter Bekannter von Stephen Bannon, dem wichtigsten Berater von Donald Trump. Bannon, ehemaliger Herausgeber des extrem rechten Internet-Portals Breitbart News, wurde von Trump auch in den Nationalen Sicherheitsrat gesetzt. Bannon will das "Washingtoner Establishment" zerstören, was im US-Kongress für erhebliche Verstörung sorgt. Auch in der Republikanischen Partei mehrt sich die Kritik.

Umso mehr, als Donald Trumps erstes Monat als US-Präsident weltweit als "Chaos" beschrieben wird. Mit Stephen Feinberg kauft sich Donald Trump wohl weitere Zores ein. Zwar gilt Feinbergs Bestellung als Sieg der "Bannon-Fraktion" über jene Republikaner, die eine berechenbare Politik bevorzugen, aber es drohen neue Unvereinbarkeiten.

Eben wegen Feinbergs Kontrolle über DynCorp. International. Das Unternehmen soll in Menschenhandel, Kindesmissbrauch und Folter involviert gewesen sein. Denn private Militärdienste unterliegen keiner strikten staatlichen Aufsicht in den USA. Das ebenfalls in diesem Bereich tätige Unternehmen Blackwater gelangte zu trauriger Berühmtheit.

Zu den Beratern von DynCorp zählten allerdings auch John Kelly, der nun unter Trump Heimatschutzminister geworden ist. Er soll die Mauer zu Mexiko bauen. Zudem hat das US-Justizministerium im Sommer 2016 DynCorp geklagt, weil es Unregelmäßigkeiten bei einem Auftrag des US-Außenministeriums gegeben haben soll. Der Auftragswert liegt bei zehn Milliarden Dollar, die Sache ist derzeit gerichtsanhängig.

Feinberg, der Trumps Wahlkampf finanziell unterstützt hat, kündigte seinen Investoren bei Cerberus ein paar Tage vor dem Flynn-Rücktritt an, eine "leitende Position" in der Trump-Administration zu erhalten. Der Erklärungsbedarf vor der Ethik-Kommission ist jedenfalls enorm. Denn immerhin soll er genau jene Nachrichtendienste beaufsichtigen, von denen sein Unternehmen DynCorp lebt. Das Weiße Haus wollte zu Feinberg laut "New York Times" keine Stellungnahme abgeben.

Mit Feinberg legt sich Trump erneut mit Geheimdiensten an

Die Causa zeigt erneut die Machtkämpfe, die im Weißen Haus toben. Feinberg, der nicht nur mit Bannon, sondern auch mit Trump-Schwiegersohn Jared Kushner gut bekannt ist, soll dem neuen CIA-Chef Mike Pompeo vorgesetzt werden. Und als Direktor der Geheimdienst-Koordination ist der ehemalige republikanische Senator Dan Coats vorgesehen. Coats ist vom US-Senat noch nicht einmal ratifiziert. Sowohl Pompeo als auch Coats, beide Vertraute von Vizepräsident Mike Pence, sollen laut US-Medien von Feinbergs neuer übergeordneter Rolle nicht informiert worden sein.

Das Chaos im sensiblen Bereich der nationalen Sicherheit geht also weiter. Gut möglich, dass Trump in absehbarer Zeit noch mehrmals "You’re fired" sagen wird müssen. Die Ermittlungen des FBI über die Verbindungen von hochrangigen Mitgliedern seines Wahlkampf-Teams zu Russland gehen indes weiter. Und mit Feinberg, so erwarten Geheimdienstexperten, wird sich Trump kaum neue Freunde in den US-Diensten machen. Viele hat er derzeit eh nicht.