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"Egal wie es kommt, der Mann ist immer im Unrecht"

Von Veronika Eschbacher aus Los Angeles

Politik

Die Republikaner sagen, es sei besser, eine Frau zu sein als ein Mann. Die Gleichstellung sei zu Genüge erreicht.


Los Angeles. Manchmal fördern Umfragen Überraschendes zutage. So geschehen in einer kürzlich veröffentlichten Studie des Umfrageinstitutes "PerryUndem" über die Gleichstellung von Männern und Frauen in den Vereinigten Staaten. Freilich gab es auch hier vorhersehbare Resultate: Lediglich ein Drittel der Befragten gab etwa an, dass jetzt eine gute Zeit sei, eine Frau in den USA zu sein - verglichen mit 53 Prozent, die fanden, es sei eine gute Zeit, ein Mann zu sein. Doch wer genauer hinsah, entdeckte, dass eine Subgruppe dem nicht zustimmte. Republikanische Männer nämlich fanden mehrheitlich, heutzutage sei es besser, eine Frau zu sein als ein Mann.

Dass Republikaner und insbesondere Trump-Wähler die Situation von Frauen und Gleichberechtigung offenbar anders -zumeist besser - einschätzen als die Gesamtbevölkerung, lässt sich in der Studie auch bei fast jeder anderen Fragestellung ablesen. 20 Prozent der Befragten insgesamt gaben an, bereits heute sei die völlige Gleichstellung von Männern und Frauen in den USA erreicht. In dieser Gruppe waren es die Trump-Wähler, die die Liste der Befürworter der Aussage mit 43 Prozent anführten vor republikanischen Männern (39 Prozent). Nur neun Prozent weiblicher Demokratinnen und 13 Prozent männlicher Demokraten teilten dieselbe Meinung. Lediglich ein Fünftel der US-Kongressabgeordneten ist weiblich. Mit dem Machtwechsel im November sind nun drei Frauen weniger in Führungspositionen des Repräsentantenhauses (es verbleibt eine), im Senat gibt es gar keine.

Wenn 51 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass der Mangel an Frauen in politischen Ämtern den Frauenrechten insgesamt schadet, fanden das nur 24 Prozent der Republikaner.

Trump-Wähler sind jene Gruppe, die am ehesten der Meinung ist, dass Sexismus in den USA nur ein geringes oder gar kein Problem darstellt. Sie bewerten auch die finanzielle Stabilität von Frauen, dass diese also ein regelmäßiges Einkommen haben und ausreichend finanzielle Ressourcen für einen vernünftigen Lebensstandard, besser als andere Gruppen. Zwei Drittel von ihnen sind der Meinung, dass Frauen heute gleich oder finanziell stabiler dastehen als Männer. Befragte Frauen schätzten sich selbst genau umgekehrt ein - 67 Prozent fanden, um ihre Finanzen sei es schlechter bestellt als um die von Männern. 30 Prozent der Republikaner gaben zudem an, dass Männer bessere politische Führer sind als Frauen.

Dennis Halaszynski, ein 81-jähriger Pensionist aus Pennsylvania, stimmte im Gespräch mit der "New York Times" diesen Einschätzungen zu. "Heute ist es einfacher, eine Frau zu sein als ein Mann", sagte der ehemalige Polizist. Frauen sollten zwar "aufs Höchste respektiert" werden, aber sie seien heute nicht mehr ungleich. Vielmehr, so findet Halaszynski, hätten sie die Männer bereits überholt. "Alles heute ist zugunsten von Frauen. Egal, was im Leben passiert, es scheint so, als liege der Mann immer im Unrecht." Am allerschlimmsten gehe es heute dem weißen Mann, er sei der Unwichtigste in der Hierarchie. "Jeder andere steht über dem weißen Mann."

Philosophin derRepublikaner

Manche US-Kommentatoren sehen in den Studienergebnissen einen Beleg dafür, dass Republikaner und Trump-Wähler an einem Bewusstseinsmangel für den in den USA herrschenden Sexismus leiden. Oder dass sie vielmehr Frauenrechte und die Diskriminierung von Frauen einfach bewusst ignorieren. Etwas problematisch ist hier aber, dass die Gleichstellung von Mann und Frau mitunter verschieden definiert wird. Eine bei Republikanern in den USA populäre Feministin ist die Philosophin und Autorin Christina Hoff Sommers, die die Ansicht vertritt, eine juristische und zivile Gleichstellung von Mann und Frau sei ausreichend; diese sei in den USA grundsätzlich inzwischen umgesetzt.

Gleichzeitig wird auf rechten US-Nachrichtenseiten oft das Bild gezeichnet, dass Frauen in den Vereinigten Staaten noch nie so frei gewesen seien wie heute, und wiederholt betont, in welchen Bereichen es ihnen heute besser gehe als Männern. Insofern seien jegliche darüber hinausgehende Anstrengungen unnötig, zumal der Feminismus ohnehin von der Linken für politische Zwecke missbraucht werde. Statistiken und Studien, die Benachteiligung von Frauen belegen, werden als feministische Propaganda bezeichnet. Headlines wie "Der radikale Feminismus zerstört die Leben junger Männer" tun ein Übriges.

Führung von

der Basis entfernt

Die Studienautoren stellen aber auch fest, dass die neue republikanische Führungsriege im Weißen Haus und im Kongress offenbar weit von ihrer Basis entfernt ist. "Auch wenn manche republikanische Bürger Gleichstellung anders wahrnehmen und unter ihnen sexistische Überzeugungen zu finden sind", schreiben die Autoren, "unterstützt der Großteil der Befragten Gesetzesvorhaben, die Frauen überdurchschnittlich betreffen." Dazu gehöre, Frauen Zugang zu leistbaren Verhütungsmethoden oder Kinderbetreuung sicherzustellen - aber auch der von Abtreibungsgegnern oft angegriffene Non-Profit-Organisation Planned Parenthood die Finanzierung nicht zu entziehen.