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Der stärkste Mann auf Twitter

Von Konstanze Walther

Politik

Trumps CNN-Bashing: Kritiker sehen besorgt einen Staatschef, der zur Gewalt gegen Journalisten aufruft.


Washington. US-Präsident Donald Trump ist schon lange ein prononcierter Freund des "Professionellen Wrestlings" - eines Schaukampfes, der näher verwandt mit Performance-Kunst als mit tatsächlichen Boxkämpfen ist, aber so aussehen soll, als wäre er ein realer Kampf. Die gewünschte Illusion ist erreicht, wenn für Zuschauer die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwinden.

Nun hat Trump 2007, in seiner Eigenschaft als enger Freund von Vince McMahon, einem der wichtigsten Ausrichter von solchen Wrestling-Kämpfen, als Teil des "Kampfes der Milliardäre" McMahon selbst ein paar gestellte Ohrfeigen und Brutalitäten angetan, sodass McMahon schließlich, scheinbar K.o. am Boden liegen bleibt.

Dieses Video von sich selbst hat Trump nun am Wochenende dazu verwendet, um in seinem Kampf gegen die Medien wieder eine Botschaft zu senden - und zwar eine, die kaum sinnerfassendes Lesevermögen benötigt. Denn Trump ließ per Bildbearbeitungsprogramm das CNN-Logo statt des Kopfes in das Video montieren. Trump postete das Video auf seinem persönlichen Twitter-Account, und unterstrich die Kampfansage mit den Hashtags #FraudNewsCNN #FNN.

Trump eröffnete damit ein neues Kapitel in seiner offen zur Schau getragenen Feindseligkeit gegenüber jenen Medien, die ihm nicht explizit gewogen sind und die er gerne als "Fake News" abkanzelt. Zudem verwendete er auch genau die Art von fiktionaler Gewalt, die er vor nicht einmal zwei Monaten Schauspielerin und Komikerin Kathy Griffin vorgeworfen hatte. Griffin hatte im Mai ein Foto von sich und einem abgetrennten, "blutüberströmten" Puppenkopf gepostet, der Ähnlichkeit mit Donald Trump hatte. Die Comedienne wurde daraufhin von allen Seiten kritisiert, dass sie sich schließlich öffentlich entschuldigte. Trump nannte das Foto "krank" und sagte, Griffin sollte sich schämen. Seine Kinder, speziell sein elf Jahre alter Sohn Barron, würden durch solche Bilder verstört.

Ausgerechnet der nun als Prügelknabe herhaltende Sender CNN hatte daraufhin einen langfristigen Vertrag mit Griffin aufgekündigt - die bis dahin den Silvesterabend auf CNN co-moderiert hatte.

"Ich bin Präsident, Sie nicht"

Die symbolische Prügel-Attacke Trumps auf den Fernsehsender CNN am Sonntag hat bei vielen Medien Schock und Sorge ausgelöst. Den Mut für diesen Affront holte sich Trump offenbar am Vorabend, als er bei einer Kundgebung vor mehrheitlich evangelikal geprägten Anhängern in Washington. Mit Sätzen wie diesen: "In Amerika, verehren wir nicht die Regierung. Wir verehren Gott", erntete Trump dort unter anderem Standing Ovations. Das Publikum stand aber laut "New York Times" ebenfalls klatschend auf, als Trump behauptete, dass die "Fake Medien versuchen, uns zum Schweigen zu bringen". Aber, führte Trump weiter aus: "Das werden wir nicht zulassen. Weil die Menschen die Wahrheit kennen. Die Fake Medien haben versucht, uns davon abzuhalten, ins Weiße Haus zu gelangen. Aber ich bin Präsident und die sind es nicht."

"Bitte hören Sie auf"

Die aufgekratzte Zuhörerschaft vom Samstag hatte offenbar kein Problem mit dem vorangegangenen Twitter-Eklat, als Trump die Fernsehreporterin Mika Brzezinski unter der Gürtellinie angriff und behauptete, sie wollte Zutritt in sein Golf-Ressort in Florida, die Mar-a-Lago-Residenz. Aber, "sie blutete stark von einem Gesichtslifting. Ich sagte: Nein!", twitterte Trump.

Weder aus dem Tweet noch aus den Begleitumständen geht hervor, zu was Trump Nein gesagt hat. Später nannte Trump Brzezinski auf Twitter dumm und verrückt und ihren Co-Moderator Joe Scarborough einen "Psycho".

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, nannte Trumps Attacke gegen Brzezinski im Tonfall "unangemessen". Deutlicher wurden andere Parteikollegen des Präsidenten. Senator Ben Sasse appellierte an den Präsidenten: "Bitte hören Sie auf. Das ist nicht normal und ist unterhalb der Würde Ihres Amtes."

Der Vorsitzende der Organisation "Reporters Committee for Freedom of the Press", Bruce Brown, erklärte, Trump drohe mit dem Video Gewalt gegen Journalisten an. Das sei unter der Würde seines Amts, "leider aber nicht unter der Würde dieses Präsidenten".

CNN bezeichnete es als "traurigen Tag, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten zu Gewalt gegen Reporter ermuntert". Statt ein "unreifes Verhalten" an den Tag zu legen, das "weit unter der Würde seines Amts" liege, sollte sich Trump auf seine Arbeit konzentrieren.

Der Journalist Thomas Roberts von MSNBC spottete auf Twitter unverhohlen über das zur Schau-gestellte Macho-Gehabe von "Wrestler"-Trump: "Das Wrestling-Match ist ja SO real." Und: "Witzig, wie der Präsident nun versucht, den harten Kerl zu markieren. Er wäre wohl ein Held im Vietnam-Krieg gewesen, wenn ihm nicht dieser Fersensporn in die Quere gekommen wären", erinnerte Roberts an Trumps Grund, weshalb er sich vom Wehrdienst befreien hat lassen. Bekanntlich konnte sich später Trump nicht mehr daran erinnern, auf welchem seiner Füße er den schmerzhaften Auswuchs am Fußknochen nun hatte.

Der Sicherheitsberater im Weißen Haus, Tom Bossert, verteidigte hingegen das Video. Trump müsse von den Kabelsendern oftmals Prügel einstecken und habe das Recht, darauf zu reagieren.

Das Weiße Haus stellte das Video auf das offizielle Twitter-Konto des Präsidenten. Bis Montagmittag wurde es bereits 281.000 Mal weitergeleitet und erhielt 458.000 "Likes".

Und Trump meldete sich auf Twitter noch einmal zu Wort: Von wegen mein "Nutzen von Sozialen Medien ist nicht präsidentiell. Er ist MODERN UND ZEITGEMÄSS PRÄSIDENTIELL."