Washington. (wak) "Ich werde mein Bestes geben, um die Verfassung der Vereinigten Staaten zu erhalten, zu schützen und zu verteidigen." Das ist Teil des Amtseides, den jeder US-Präsident bei seiner Inauguration ablegen muss. Auch Donald Trump hat ihn, der Tradition gemäß mit der erhobenen rechten Hand, gesprochen.
Doch dem Staatsverständnis der US-Verfassung, insbesondere der Unabhängigkeit der Justiz, scheint er sich nicht ganz verschrieben zu haben. Denn nun erklärte Trump der "New York Times" sein Missfallen gegenüber dem von ihm ernannten Justizminister Jeff Sessions. Dessen Vergehen: Er erklärte nach Amtsantritt, er werde sich aus den Ermittlungen rund um mutmaßliche Russland-Kontakte des Trump-Teams während des Präsidentschaftswahlkampfes heraushalten. Schließlich hatte sich Sessions nicht nur mit dem russischen Botschafter in den USA getroffen. Auch hätte es zu einer mehr als schiefen Optik beigetragen, wenn der von Trump nominierte Justizminister den Fall untersucht. Denn er ist in Personalunion auch Generalstaatsanwalt - und damit gegenüber FBI und Staatsanwälten weisungsbefugt.
"Dich nehme ich dann nicht"
Sessions hat sich deswegen kurz nach seinem Amtsantritt für befangen in der Russland-Affäre erklärt. Ein Fehler, laut Donald Trump. "Jeff Sessions nimmt den Job, tritt den Job an, und erklärt sich für befangen. Das finde ich offen gesagt sehr unfair gegenüber dem Präsidenten", erklärt Trump, und spricht, wie so oft, von sich in der dritten Person. Er legte noch eins nach: "Wie kann man einen Job antreten und sich dann zurückziehen? Wenn er sich vor Amtsantritt für befangen erklärt hätte, dann hätte ich gesagt: ‚Danke, Jeff, aber dich nehme ich nicht.‘ Das ist einfach extrem unfair - und das ist noch milde ausgedrückt - gegenüber dem Präsidenten", beschwerte sich Trump.
Dabei war Sessions der erste republikanische Senator, der Trumps Präsidentschaftskandidatur unterstützt hatte.
Sessions hatte sich im März für befangen erklärt. Zuvor war bekannt geworden, dass der Republikaner bei einer Anhörung nicht angegeben hatte, sich 2016 mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak getroffen zu haben.
Im März hatte Trump noch von einer "Hexenjagd" gegen Sessions gesprochen und ihm sein Vertrauen ausgesprochen. Seine Ernennung war eine der Personalien von Trump, die auf besonders hohen Widerstand in der Bevölkerung gestoßen ist, da Sessions in den 1980er Jahren Afroamerikanern das Erlangen einer Wählerregistrierung signifikant erschwert hatte.
Dass Sessions noch immer im Amt ist, liegt Insidern zufolge daran, dass Trump von seinen Beratern gedrängt wurde, eine Entlassung würde zu weiteren politischen Aufruhr führen. Im Mai hatte Trump inmitten der Russland-Affäre FBI-Chef James Comey entlassen. Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn hatte ebenfalls gehen müssen, weil er noch vor Amtsantritt der Regierung mit Kisljak über US-Sanktionen gegen Russland sprach.
Durch die Befangenheitserklärung von Sessions konnte dessen Stellvertreter Rod Rosenstein einen unabhängigen Sonderermittler zu den Russland-Vorwürfen einsetzen. Auch darf Sessions nun nicht entscheiden, ob sich sein Ministerium bei der Einleitung weiterer Schritte durch das FBI einschaltet. Derzeit ermitteln das FBI, der Sonderermittler und mehrere Kongressausschüsse in der Russland-Sache.
Für kommenden Mittwoch hat nun etwa der Justizausschuss des US-Senats eine Anhörung mit dem ältesten Sohn von Präsident Donald Trump und dessen früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort angesetzt.
Sessions erklärte am Donnerstag, er habe vor, im Amt zu bleiben "solange es statthaft ist".