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Die großen Visionen von Präsident Xi

Von Thomas Seifert

Politik

Chinas Staatschef Xi Jinping will sein Land bis 2035 zum innovativsten der Welt machen.


Peking. Chinas Machteliten blicken in diesen Tagen in die Zukunft. In der Großen Halle des Volkes in Peking geht in diesen Tagen der 19. Nationale Parteikongress mit über 2000 Delegierten der chinesischen kommunistischen Partei über die Bühne, bei dem die Weichen für die nächsten fünf Jahre gestellt werden. Chinas mächtiger Parteichef Xi Jinping belässt es aber nicht bei einem Zeithorizont von nur fünf Jahren. In seiner Eröffnungsrede spricht er davon, wie China bis zum Jahr 2035 eines der innovativsten Länder der Welt sein wolle. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen auch die drückenden Umweltprobleme gelöst und die ökonomische und soziale Kluft zwischen Stadt- und Landbevölkerung reduziert werden. Bis zum Jahr 2050 soll China dann - zumindest, wenn es nach Xi Jinping geht - eine moderne, sozialistische und bedeutende Macht mit beträchtlichem Einfluss auf der Weltbühne sein - das wäre dann 101 Jahre nach der Staatsgründung der Volksrepublik China.

Xi warnte in seiner Rede auch - wie schon Anfang des Jahres bei seiner Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos - vor Isolationismus. China sieht, so Xi, seinen Platz als aktives Mitglied der Weltgemeinschaft, denn "kein Land kann die vielen Herausforderungen der Menschheit allein lösen, und kein Land kann es sich leisten, sich in Selbstisolierung zurückzuziehen".

Eines der prägenden Themen der Rede von Xi war eine "neue Ära" des chinesischen Sozialismus. Insgesamt 36 Mal findet sich die "neue Ära" im Redetext: "Durch eine lange Periode harter Arbeit ist der Sozialismus chinesischer Prägung in eine neue Ära eingetreten, eine neue historische Richtung in der Entwicklung unseres Landes", sagte Xi in seiner drei Stunden und 23 Minuten dauernden Rede. "Die chinesische Nation ist aufgestanden, ist wohlhabend und mächtig geworden - und nun stehen wir vor der Aussicht auf Verjüngung." Xi sprach in seiner Rede auch vom "chinesischen Traum" und dass die Realisierung des chinesischen Traums kein "Spaziergang" würde: "Da braucht es mehr, als auf die Pauke zu hauen oder den Gong zu schlagen."

Xi warnte in seiner Rede davon, die "politischen Systeme anderer Länder zu kopieren". Die Führungsrolle der Partei müsse außer Zweifel stehen, ausgebaut und die Partei weiter gestärkt werden. Politische Reformen sind also nicht zu erwarten. Als Bedrohung für die Partei sieht Xi die Korruption. Der erfolgreiche Kampf dagegen werde niemals enden, sagte der Präsident in seiner Rede.

Gerichtet an das internationale Publikum, versprach Parteichef Xi einen leichteren Zugang zum chinesischen Markt für ausländische Investitionen sowie eine Öffnung des Dienstleistungssektors - in der Vergangenheit sind die Hoffnungen westlicher Unternehmen, die durch derartige Ankündigungen genährt wurden, meist enttäuscht worden. Die "offene Tür Chinas" werde nicht geschlossen, sondern eher noch weiter geöffnet, sagte Xi. Dass Xi aber die staatlichen Unternehmen stärken will, daraus machte er keinen Hehl. Schon seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die chinesische Regierung sogenannte nationale Champions formen will, die es in ihren Märkten mit staatlicher Hilfe zur Marktführerschaft bringen sollen. Erfolgreiche private Unternehmen, wie etwa die IT-Firmen Tencent oder Alibaba, sind ebenfalls Teil dieser Strategie.

Wirtschaftspolitische Leitlinien

Vor ein paar Wochen lud Zhang Gaoli, Vizepremier und Mitglied des ständigen Ausschusses des Politbüros, eine Gruppe internationaler Medienvertreter (darunter die "Wiener Zeitung") in die große Halle des Volkes in Peking, um den im Vorfeld des Parteitags Chinas wirtschaftspolitische Pläne zu erläutern. Zhang wird altersbedingt dem nächsten Politbüro nicht mehr angehören. Solche seltenen Treffen verlaufen streng nach Protokoll, es wird Tee serviert, ausgesuchte Journalisten sind eingeladen, Fragen zu stellen. Zhang, einer der wichtigsten Architekten von Chinas Wirtschaftspolitik unter Präsident Xi, sprach darüber, dass das Wachstum des Bruttosozialprodukts in der ersten Jahreshälfte bei um die 6,9 Prozent liegt und von Jänner bis Juni 7,5 Millionen Jobs geschaffen worden seien. Bis 2020 sollen über 40 Millionen Menschen aus der Armut geholt werden, zudem solle die soziale Absicherung für die sozial Schwachen verbessert werden. Überkapazitäten in der Industrie seien abgebaut worden und Zhang sprach auch über die sogenannte Seidenstraßen-Initiative, mit der China sein Handelsnetzwerk ausdehnen will.

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