Wien/Bratislava. Ihre erste Auslandsreise als Außenministerin absolviert Karin Kneissl betont umweltfreundlich: mit dem Zug. Ziel ist das von Wien nur 54 Kilometer Luftlinie entfernte Bratislava, wo die Chefdiplomatin heute, Dienstag vom slowakischen Staatssekretär Ivan Korcok offiziell empfangen wird. Er übernahm im Herbst interimistisch die Agenden von Außenminister Miroslav Lajcak, der derzeit als Präsident der UNO-Generalversammlung fungiert. Auch mit ihm wird Kneissl zusammentreffen.

"Bratislava war noch nie die erste Destination eines Außenministers. Was ich nicht ganz verstehe. Das sind die beiden weltweit am nächsten gelegenen Hauptstädte", meinte Kneissl im Vorfeld. Dass die Slowakei zu den Visegrad-Staaten zählt, habe dabei keine Rolle gespielt, betonte die von der FPÖ nominierte, aber parteilose Außenministerin. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte im Wahlkampf genau das in Aussicht gestellt. "Österreich sollte mit diesen Staaten vermehrt zusammenarbeiten, vielleicht sogar Mitglied der Visegrad-Gruppe werden", hatte er erklärt. Vor allem in der Flüchtlingsfrage verbindet Österreich unter Schwarz-Blau mehr mit den Visegrad-Staaten Slowakei, Tschechiens, Polens und Ungarns als mit den Staaten Westeuropas. So lehnen alle fünf Länder verbindliche EU-Verteildungsquoten für Flüchtlinge ab und setzen auf scharfe Anti-Migrations-Rhetorik.

Hauptthema der Gespräche von Kneissl und Korcok werden die bilateralen Beziehungen und die regionale Zusammenarbeit sein, wie aus Wien und Bratislava im Vorfeld verlautete. Kneissl will dabei auch das 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernte AKW Mochovce ansprechen, das gerade um zwei Reaktorblöcke ausgebaut wird. Im Frühling 2017 wurden in Proben aus einem Fluss nahe Mochovce hohe Werte an Tritium, eines radioaktiven Wasserstoffs, entdeckt.

Zankapfel Familienbeihilfe

Umgekehrt wird die slowakische Seite vermutlich ihren Unmut über die von der neuen Bundesregierung angekündigte Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland kundtun. Laut den aktuellen derzeit verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2016 erhalten in Österreich berufstätige Eltern aus der Slowakei Familienbeihilfe in Höhe von 63 Millionen Euro für 30.600 Kinder. Vor allem Altenpflegerinnen und Krankenschwestern aus der Slowkai träfen die Kürzungen, da sie wegen der Nachtschichten ihre Kinder häufig bei den Großeltern oder dem Partner in der Slowakei aufwachsen lassen.

Zur Sprache bringen will Korcok angesichts der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 auch aktuelle Europa-Fragen - allerdings ist Karin Kneissl dafür nicht die erste Ansprechpartnerin, da die EU-Agenden mit der neuen Koalition vom Außen- ins Bundeskanzleramt zu Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) gewandert sind.