Caracas. (wak) Oft hieß es, die einzige Antwort auf die politische Krise in Venezuela wären Neuwahlen. Nur so könnte die Lagerbildung in der Bevölkerung gekittet werden. Und nur so würden Hoffnungsträger die Chance haben, an die Macht zu kommen.
Nun hat also Venezuelas umstrittener Staatschef Nicolás Maduro sich tatsächlich zu vorgezogene Neuwahlen entschlossen. In der Nacht auf Mittwoch wurde bekannt, dass er seiner Verfassungsgebenden Versammlung den Auftrag erteilt hat, sich für ein konkretes Datum zu entscheiden. Doch eines ist klar: Die Wahlen sollen im März oder April abgehalten werden - statt, wie im Wahlkalender vorgesehen, erst im Dezember.
Und mit dieser Entscheidung erntete Maduro international reichlich Kritik. Mit einer Vorlaufzeit von nur einem Monat kann nämlich die ohnehin entzweite Opposition keinen nennenswerten Gegenkandidaten aufstellen. Denn ihre bekannten Gesichter sitzen entweder im Gefängnis, sind von der Wahl ausgeschlossen oder auf der Flucht - wie auch einige Parteikollegen von Maduro, etwa die abgesetzte Generalstaatsanwältin Luisa Ortega.
Zur Erinnerung: Maduro hatte die vorangegangene Präsidentschaftswahl im April 2013 nur hauchdünn für sich entscheiden können. Sein Vorsprung gegenüber dem Herausforderer Henrique Capriles machte rund 265.000 Stimmen aus - weniger als zwei Prozentpunkte.
Capriles darf etwa dieses Mal nicht antreten: Er wurde vergangenes Jahr von einer Behörde wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten in dem von ihm regierten Bundesstaat Miranda für 15 Jahren von der Kandidatur bei Wahlen ausgeschlossen.
Bei den Parlamentswahlen 2015 hatte noch die Opposition - als Bündnis von 20 Parteien - eine Zwei-Drittel-Mehrheit erlangt. Doch das Parlament wurde von Maduros Verfassungsgebender Versammlung im Sommer 2017 entmachtet.
Beobachter in Venezuela beklagen, dass die Opposition inzwischen gar nicht mehr existiert. Nach den gewaltsamen Protesten gegen die Verfassungsgebende Versammlung - bei denen über 120 Tote zu beklagen waren - sind ihre Kräfte sichtlich geschwächt und ihre Vertreter zerstritten. Und rund vier Millionen Venezolaner sollen in der Zwischenzeit ausgewandert sein.
Lebensmittelpakete für
den Vaterlandsausweis
So kann es gut sein, dass Maduro einfach geschickt das Momentum nützen und aus dem Vakuum der Alternativen Kapital schlagen wird.
Noch dazu, wo Venezuela unter einer Versorgungskrise leidet. Denn Maduro lässt jenen Venezolanern, die sich als Sympathisanten ins Parteibuch eintragen lassen (mit einem "carnet de patria" - einem "Vaterlandsausweis") subventionierte Lebensmittelpakete (Öl, Reis, Thunfisch, Milchpulver und Mehl) zuteilwerden. Kritiker sehen das als Stimmenkauf. Viele arme Venezolaner haben in dem Land mit einer massiven Inflation kaum den Luxus, die Pakete ablehnen zu können.
Venezuela steht schon lange am Rande einer Pleite, doch mit Hilfe von China und Kuba konnte sich das Land bis jetzt über Wasser halten. Der steigende Erdölpreis auf den Weltmärkten nährt zudem die Hoffnung, dass der südamerikanische Staat bald wieder finanziell besser dasteht. Denn gegen das Erdöl des Landes wurde schließlich noch kein Embargo von Abnehmern wie den USA oder Europa verhängt. Gegen die Politiker hingegen schon. Die EU und die USA haben etwa schon vergangenes Jahr Einreiseverbote gegen führende Personen von Maduros Sozialistischer Partei sowie gegen den Regierungschef selbst verhängt.