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Das ist Davos

Von Thomas Seifert aus Davos

Politik
Eine Sängerin sorgt beim Forum für Auflockerung zwischendurch.
© Seifert

Impressionen aus den Schweizer Bergen: eine Woche im Corporate Disneyland.


Davos. Eine Woche Weltwirtschaftsforum im Schweizer Skiort Davos ging am Freitag zu Ende: Wer noch mit eigenen Visitenkarten nach Hause fährt, oder nicht zumindest einen Packen anderer Visitenkarten im Gepäck hat, hat etwas falsch gemacht. Es geht schließlich ums Netzwerken. Es gibt Parties bis in die Nacht und ernsthafte Gesprächspanels über Frauengleichstellung und Klimawandel, globale Sicherheit und Bedrohungen durch Pandemien, Cyberterrorismus und Cyberkriminalität.

Der ganze Ort verwandelt sich für eine Woche in ein Art Disneyland des globalen Kapitalismus, mit Pavillons von Facebook, Google bis zur Deutschen Börse und den Banken HSBC und Deutscher Bank. Länder wie Indien oder der indische Bundesstaat Andra Pradesh, Südafrika, Indonesien leisten sich Pavillons, wo jeden Abend Länderspezialitäten gereicht werden. Manchmal schwappen Konflikte zwischen Ländern nach Davos über: So musste die ukrainischen Davos-Verantwortlichen mit Entsetzen feststellen, dass ihr Länderpavillon auf der Adresse Promenade 73 genau gegenüber dem Russland-Haus auf Promenade 72 liegt.

Safttrinken mit Shiller

An jedem Abend wieder derselbe Witz, den sich die Gastgeber anhören mussten: Wie viele Zimmer denn die Russen schon okkupiert hätten, hieß es mit spitzer Zunge und in Anspielung auf die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland im Jahr 2014. Das tat der Tatsache aber keinen Abbruch, dass etliche Weltwirtschaftsforum-Teilnehmer zuerst ins Ukraine-Haus gingen, um einer Djane und einem Volksmusik-Duett zu lauschen, das die Titelmusik von "Game of Thrones" und eine Coverversion des Superhits "Lucky" aus dem Jahr 2013 der French-House Formation-Daft Punk zum Besten gab - nur, um daraufhin ins Russland-Haus zu wechseln, wo eine Sängerin mit sagenhafter Stimme Opern-Hits sang.

Freilich: Die Delegierten konnten im Kongresszentrum den Überblick über die Podiumsdiskussionen und Reden verlieren. Leidenschaftliche Diskussionen über die Zukunft Europas mit Polens Premier Mateusz Morawiecki, dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, OECD-Generalsekretär Angel Gurria und der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurden noch spannender, als der deutsch-amerikanische Professor für Politikwissenschaft an der Princeton-Universität die Politik Polens und Ungarns anklagte. Und wer sich über Neurowissenschaften, Blockchain und Industrie 4.0 informieren wollte, fand genug Input. Orangensaft trinkt man an der Bar mit Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller, der über sein nächstes Buch erzählt: Wie Storytelling die Wirtschaft prägt, während Google-CEO Eric Schmidt vorbeihastet. Gleich am Abend warnt dann der Multimilliardär George Soros vor der Machtfülle von Facebook und Google. Das ist Davos.