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Keiner kann es besser

Von Michael Schmölzer

Politik

Donald Trump will seine Rede zur Lage der Nation nutzen, um auf seine Erfolge als US-Präsident zu verweisen.


Washington/Wien. Selbstkritik wird es keine geben, wenn US-Präsident Donald Trump heute, Dienstag, Abend vor dem Kongress seine Rede zur Lage der Nation hält. Im Vorfeld bestand er einmal mehr darauf, ein "stabiles Genie" zu sein. Keiner sei "besser beim Militär als ich", tönte Trump in einem Interview mit dem britischen Sender ITV. "Frauen mögen das wirklich. Ich glaube, sie wollen zu Hause sicher sein."

Laut einem US-Regierungsbeamten will der Präsident nicht prahlen, sondern vor allem einen überparteilichen Ton anschlagen, Gräben zuschütten und zur Versöhnung beitragen. "Ein sicheres, starkes und stolzes Amerika bauen", so das Motto von Trumps Rede, zu der er laut Verfassung als US-Präsident verpflichtet ist.

Attacken auf die EU?

Trump dürfte sich in seiner Rede selbst zu seiner Steuerreform gratulieren, die er noch vor Weihnachten durch den Kongress brachte.

Das wird freilich kaum zur nationalen Einheit beitragen, da die Demokraten geschlossen und mit Nachdruck gegen die Reform waren. Diese stellt nicht nur einen Angriff auf die verpflichtende Krankenversicherung dar, sondern wird laut Experten auch die Ungleichheit in den USA weiter vergrößern, da sie die Reichen bevorzugt.

Möglich, dass Trump die EU ins Visier nimmt. Dieser wirft er unfaire Handelspraktiken vor und droht mit Konsequenzen. "Wir können unsere Produkte da nicht reinbekommen", so Trump im ITV-Interview, "und trotzdem schicken sie ihre Produkte zu uns. Es ist sehr unfair." Trump ist offenbar zu einer größeren Auseinandersetzung mit den Europäern bereit. Die EU-Kommission lässt das freilich kalt, sie will mit "raschen und angemessenen" Gegenmaßnahmen kontern.

Die seiner Ansicht nach ebenfalls "unfairen Handelsbeziehungen" zu China wird Trump mit Sicherheit ansprechen, wie er bereits im Vorfeld verraten hat. Darüber hinaus wird er wohl die Gelegenheit nutzen, um einmal mehr seinem außenpolitischen Gegner Nummer eins, Nordkorea, zu drohen.

Trump wird es sich selbst hoch anrechnen, dass die Arbeitslosigkeit in den USA auf rekordverdächtig niedrigem Stand ist - auch unter Afroamerikanern, Hispanics und Frauen. Gleichzeitig dürfte er auf den Höhenflug der Börsen deuten. Wirtschaftsexperten weisen darauf hin, dass es sich hier in vielen Aspekten um langfristige Entwicklungen handelt, die nicht unmittelbar und alleine von Trump losgetreten wurde. Und Meinungsumfragen belegen, dass die Amerikaner den Wirtschaftsaufschwung mehrheitlich Barack Obama zuschreiben.

Trump wird ankündigen, dass er mehr als eine Billion Dollar in die Erneuerung der Infrastruktur stecken wird. Unwahrscheinlich ist aber, dass er sich hier allzu tief in Karten wird schauen lassen.

"Dreamer" im Kongress

Außerdem will er sich einverstanden erklären, dass die Kinder von illegalen Immigranten, die "Dreamer", im Land bleiben dürfen. Allerdings wird er im Gegenzug Geld für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko fordern - das empört Menschenrechtler wie Demokraten gleichermaßen. Aber auch Hardliner unter den Republikanern üben Kritik an Trump. Sie sind prinzipiell gegen ein Bleiberecht für illegale Immigranten in zweiter Generation.

Einige "Dreamer" sollen übrigens im Publikum sitzen und der Rede lauschen - auf Einladung demokratischer Abgeordneter.

Mit Trump wendet sich ein unbeliebter Präsident an das Volk - die Zustimmungsrate beträgt magere 38 Prozent. Bleibt abzuwarten, ob sich die US-Amerikaner diesmal vom "Showmaster" beeindrucken lassen.