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Uneinig im Kampf gegen eine Übermacht

Von Klaus Huhold

Politik

Der Tod von Galionsfigur Morgan Tsvangirai schwächt Simbabwes Opposition. Diese droht ihre Chancen zu verspielen.


Harare/Wien. Jetzt, nach seinem Tod, wird Morgan Tsvangirai plötzlich von der Regierungspartei Zanu-PF gefeiert. Simbabwes langjähriger Oppositionsführer, der am Mittwoch 65-jährig seinem Krebsleiden erlegen ist, werde ein Staatsbegräbnis erhalten, verkündete nun Präsident Emmerson Mnangagwa. Der Staatschef würdigte den früheren Minenarbeiter Tsvangirai als "starken Oppositionspolitiker", der sich für "freie, faire und friedliche Wahlen" eingesetzt habe.

Doch genau diese fairen Wahlen hat die Regierungspartei Zanu-PF Tsvangirai zu seinen Lebzeiten verweigert. Viele internationale Diplomaten und auch Wahlbeobachter, die damals vor Ort waren, sind überzeugt, dass Tsvangirai bei der Präsidentenwahl 2008 bereits im ersten Durchgang die absolute Mehrheit errungen hatte.

Doch die Wahlkommission verkündete, dass eine Stichwahl notwendig sei - ohne den internationalen Beobachtern Daten vorzulegen, die das Ergebnis nachvollziehbar gemacht hätten. Tsvangirais Konkurrent, Amtsinhaber Robert Mugabe, schickte daraufhin seine Schergen los. Schlägertrupps machten Jagd auf Oppositionelle, zudem wurden Regionen, in denen die Opposition viele Stimmen hatte, von Lebensmittellieferungen abgeschnitten. Wegen der Repressalien zog Tsvangirai damals seine Kandidatur zurück.

Mugabe die Stirn geboten

Tsvangirai war nicht nur bei dieser Wahl Mugabes politischer Gegner. Über die Jahre hinweg bot der Sohn eines Maurers dem autoritären Langzeitherrscher die Stirn, zunächst als Gewerkschafts- und später als Oppositionsführer. Er wurde wegen Hochverrats angeklagt und von Sicherheitskräften verprügelt. Symbolbild seines Kampfes wurde eine Aufnahme aus dem Jahr 2007: Mit verquollenem Gesicht und blauem Auge blickte Tsvangirai in die Kamera - die Polizei hatte ihn derart misshandelt, dass er einen Schädelbruch erlitten hatte.

Vor vier Monaten ist Mugabe nach 37 Jahren an der Macht gestürzt worden. Er war in einem Machtkampf innerhalb der Regierungspartei unterlegen. Der 93-Jährige darf nun gut versorgt in einer Villa mit Personal seinen Lebensabend verbringen, während sein langjähriger Mitstreiter Emmerson Mnangagwa neuer Präsident wurde.

Damit öffnet sich nun auch für die Opposition eine Tür, um wieder präsenter im politischen Raum zu sein. Und nun ist Morgan Tsvangirai gestorben.

Er war kein unfehlbarer Heiliger - der frühere US-Botschafter in Simbabwe, Christopher Dell, beschrieb ihn als sprunghaft in seinen Entscheidungen und beratungsresistent. Doch der unerschrockene Kämpfer war die Galisonsfigur der Opposition und konnte viele Bürger mobilisieren.

Wie sehr er der Opposition fehlen wird, zeigte sich in den Stunden nach seinem Tod. Zehntausende Menschen versammelten sich vor der Parteizentrale des Movement for Democratic Change (MDC) in der Hauptstadt Harare und trauerten, viele mit Tränen im Gesicht, um ihren verstorbenen Vorsitzenden.

Fraglich ist auch, wer die Lücke füllt, die Tsvangirai hinterlassen hat. Zum Vorsitzenden des MDC wurde zwar bereits der bisherige Vize Nelson Chamisa gewählt. Doch dieser sitzt nicht fest im Sattel, hat viele Konkurrenten.

Generell ist die Opposition in verschiedene Lager und Parteien zersplittert. Das liegt einerseits an der unterschiedlichen Herkunft. Manche Regierungsgegner waren früher Teil des Machtapparats - etwa die frühere Vizepräsidentin Joice Mujuru, die von Robert Mugabes Ehefrau, Grace Mugabe, demontiert worden war. Mit ihren ehemaligen Unterdrückern wollen viele langjährige Oppositionelle nicht zusammenarbeiten. Gleichzeitig sind sie aber auch aufgrund persönlicher Rivalitäten oft untereinander zerstritten.

Vorteil für Zanu-PF

Noch heuer sollen Präsident, Parlament und Regionalvertretungen gewählt werden. Wenn die Opposition bis dahin keine Einheit bildet und sich stattdessen gegenseitig die Stimmen wegnimmt, spielt das der Zanu-PF, die größte Partei bleiben will, in die Hände.

Dabei ist die Znau-PF ohnehin schon im Vorteil, erklärte nun der Politologe Armin Rabitschbei einem Vortrag in Wien für Sadocc, dem Forschungszentrum für das südliche Afrika. "Man findet viele Oppositionszeitungen in Harare, aber keine am Land. Die Opposition hat dort nur schwache Strukturen", berichtete Rabitsch. Etwa zwei Drittel der Wähler leben aber am Land. Die Zanu-PF hingegen, die auf staatliche Ressourcen zurückgreifen kann, sei sehr gut organisiert. Sie sammelt ihre Wähler mit Bussen ein und weiß Leute zu mobilisieren.

Rabitsch war immer wieder als Wahlbeobachter in Simbabwe. Ob das Votum 2018 fair sein wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, sagt er: Ob mit dem neu angelegten biometrischen Wählerregister transparent umgegangen wird, ob es Vertrauen in die Wahlkommission gibt, ob die Wähler sich ohne Einschüchterungen frei entscheiden können.

Der neue Machthaber Mnangagwa will jedenfalls die zerstörte Wirtschaft wieder aufbauen. Dafür wäre ein gutes Verhältnis mit dem Westen sehr hilfreich - weshalb viele Diplomaten vermuten, dass er sich nun einen demokratischen Mantel umhängt und die Wahlen diesmal fairer als in der Vergangenheit sein werden. Dass er Mugabe gestürzt hat, hat Mnangagwa viel Jubel vonseiten der Bevölkerung eingebracht. Und wenn die Opposition weiter so uneinig agiert, können er und seine Zanu-PF der Wahl ohnehin recht beruhigt entgegenblicken.