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Der Waffenlobby bester Freund

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Nach dem Schulmassaker von Florida verlässt sich Donald Trump immer noch auf den Rat der NRA.


Washington. So unangenehm sie sind, gehören Termine wie diese längst zum Standardrepertoire für Amerikas Politikspitzen. Am Mittwoch Nachmittag traf US-Präsident Donald Trump eine Abordnung von Schülern, Eltern und Lehrern, die bei dem Massaker an der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, Florida, vergangene Woche Angehörige verloren hatten. Seine Mitarbeiter hatten den 71-Jährigen auf das potenziell haarige Treffen vorbereitet, indem sie ihm auf einem Spickzettel Fragen und Phrasen aufschrieben, die ihnen dem Anlass angemessen schienen: "Was können wir tun, damit du dich sicher fühlst?" "Was ist das Wichtigste, dass du mir als Ergebnis aus dieser Erfahrung sagen willst?" "Gibt es etwas, was wir tun können, das dir wirksam erscheint, damit so was nicht wieder passiert?" Damit nur ja nichts schiefgeht - Präsident Trump ist im persönlichen Zugang nicht eben Empathie bekannt -, hatten sie ihm auch gleich die Antwort auf alle möglichen Reaktionen aufgeschrieben: "I hear you."

Jeder, der sich angesichts des Massenmords mit 17 Opfern eine angemessene Reaktion erwartete, wurde indes enttäuscht. Am Tag des Treffens wie am Morgen danach auf Twitter teilte Trump mit, dass er sich "für strengere Background-Checks mit Schwerpunkt mentale Gesundheit" sowie für die allgemeine Anhebung des Alterslimits zum Waffenkauf auf 21 einsetzen werde.

Lehrer sollen bewaffnet werden

Darüber hinaus sollen alle Lehrer bewaffnet werden, die eine entsprechende Ausbildung erhalten haben, weil "historisch gesehen keine dieser Schießereien mehr als drei Minuten dauert". Das altbekannte Motto hinter dieser Philosophie: Nur ein "guter" Mensch mit einer Waffe kann angeblich einen "bösen" Menschen mit einer Waffe zur Strecke bringen. Außerdem soll der Verkauf von sogenannten "Bump Stocks" verboten werden, eine bis vor kurzem nur Experten bekannte Modifikation, die die Feuerkraft halbautomatischer Waffen massiv erhöht. (Nämliche wurde unter anderem von Stephen Paddock benutzt, als er im Oktober 2017 58 Konzertbesucher in Las Vegas erschoss und über 850 weitere teilweise schwer verletzte.)

Darüber, wie Trump das Problem der aktuellen Serie von Massenschießereien zu lösen gedenkt, ließ er Donnerstagmorgen im Rahmen gleich einer ganzen Serie von Tweets allerdings keine Zweifel. Der mit Abstand aussagekräftigste: "Was so viele nicht verstehen, oder nicht verstehen wollen, ist, dass Wayne, Chris und die Leute von der NRA großartige Menschen und Patrioten sind. Sie lieben unser Land und werden das Richtige tun. Make America Great again!"

Wayne ist Wayne LaPierre höchstselbst, der Chef der National Rifle Association (NRA), der mit Abstand wichtigsten Waffenlobby-Organisation Amerikas. Chris ist Chris Cox, der Cheflobbyist des sogenannten Institute for Legislative Action, das im Auftrag der NRA die Politiker im Kongress bearbeitet. Letzterer bedankte sich postwendend bei Trump, natürlich ebenfalls auf Twitter: "Die NRA unterstützt jede Politik, die dafür sorgt, dass ALLE Waffen nicht in die Hände von Leuten kommen, die eine Gefahr für sich selbst und für andere darstellen."

Aufrüsten bei den Spitälern

Das Timing von Trumps Tweet war alles andere als Zufall. In der gleichen Minute, in der es abschickte, hatte Cox’ Chef LaPierre gerade mit seiner Rede bei der Conservative Political Action Conference (CPAC) begonnen, dem alljährlichen Stelldichein der rechten Reichshälfte und ihrer Geldgeber. Nicht, dass es das gebraucht hätte, um zu erfahren, dass zwischen die Waffenlobby und die Trump-Administration kein Blatt Papier passt. Im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf haben sie und ihre Organisation offiziell - die Dunkelziffer für politische Spenden ist dank einer Entscheidung des mehrheitlich konservativen obersten Verfassungsgerichts seit 2010 unbekannt - über 30 Millionen Dollar ausgegeben, davon elf direkt an die Wahlkampagne Donald Trumps und 20 für Werbung gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton. Die Rede LaPierres bei CPAC war insofern erhellend, als sie verriet, dass es in den vergangenen Tagen direkte Gespräche zwischen der NRA und den Strategen des Weißen Hauses gegeben haben muss, was die derzeitige Sprachregelung angeht. Laut Trump liege es nunmehr nicht an ihm, sondern am Kongress, Lösungen für das aktuelle Dilemma zu suchen. Ein Vorschlag im Sinne LaPierres, der gelobte, "alles zu unterstützen, was im Sinne einer sicheren Öffentlichkeit ist, damit wir keine unschuldigen Opfer mehr zu beklagen haben". Dazu würde unter anderem "mehr Spitäler für Geisteskranke gehören", weil die das wirkliche Problem seien und nicht die Waffen.