Damaskus/Genf/Moskau. Russland wirft den Aufständischen in der belagerten syrischen Rebellen-Enklave Ost-Ghuta vor, seine Bemühungen um die Evakuierung von Zivilisten und den Zugang von Hilfslieferungen zu torpedieren. Die "eingegrabenen Militanten" sollten den von seinem Land ausgewiesenen "humanitären Korridor" freigeben, forderte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf.
Zugleich rief er die "sogenannte amerikanische Koalition" auf, in von ihr kontrollierten Gebieten denselben Zugang zu Hilfe zu gewähren wie Russland dies für Ost-Ghuta tue. Konkret nannte Lawrow das Flüchtlingslager Rukban im jordanischen Grenzgebiet zu Syrien und das gesamte Gebiet um al-Tanf im Osten des Bürgerkriegslandes. Russland werde weiter die syrische Armee in ihrem Kampf der "totalen Vernichtung der terroristischen Bedrohung" unterstützen.
Brüchige Feuerpause
Russland hat für Ost-Ghuta eine tägliche Feuerpause von fünf Stunden angekündigt. In dieser Zeit sollen über einen "humanitären Korridor" Zivilisten und Kranke evakuiert und Nahrungsmittel sowie medizinische Hilfsgüter in das Gebiet gebracht werden. Am Dienstag, dem ersten Tag der Regelung, hielt die Feuerpause allerdings nur kurz: Das von islamistischen Rebellen kontrollierte Gebiet wurde schon vor Ablauf der Feuerpause wieder aus der Luft bombardiert. Zudem warf Russland den Islamisten Beschuss des Fluchtweges vor, was die Rebellen bestritten. Auch am Mittwoch wurde in Ost-Ghouta weiter gekämpft.
Wie die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, rückte die syrische Armee und verbündete Milizen am Mittwoch am Ostrand des Rebellengebiets vor. In der Gegend von Haush al-Dawahiri hätten sie Geländegewinne erzielt. Von den Regierungstruppen und Rebellen war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Keine Hilfslieferungen
Zivilisten verließen Ost-Ghuta am ersten Tag nicht. Auch Hilfslieferungen kamen nicht in das Gebiet. Dort sind rund 400.000 Menschen fast vollständig von der Außenwelt abgeschlossen. Die humanitäre Lage ist nach Angaben von Helfern dramatisch.
Ost-Ghuta hatte in den vergangenen Tagen eine der schlimmsten Angriffswellen der Regierung seit Beginn des fast siebenjährigen Bürgerkriegs erlebt. Nach Angaben der Beobachtungsstelle kamen in den vergangenen zehn Tagen fast 590 Zivilisten ums Leben.