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Die Freunde des mächtigen Herrn Xi

Von Klaus Huhold

Politik

Der Volkskongress hat wichtige Posten neu besetzt. Aufgestiegen sind dabei Vertraute des Staats- und Parteichefs.


Peking/Wien. Es sind Namen, die im Westen bis auf einigen mit China beschäftigen Diplomaten und Managern bisher kaum jemandem etwas sagten: Wang Qishan, Liu He oder Yi Gang. Es ist aber durchaus wert, sich diese Namen zu merken. Denn diese Politiker werden in Zukunft großen Einfluss darauf nehmen, wie sich China entwickeln und welche Beziehungen Peking auf internationaler Ebene eingehen wird. Nachdem China gerade dabei ist, zur Großmacht aufzusteigen - oder je nach Lesart bereits eine ist -, werden diese Männer aus dem Herzen der Kommunistischen Partei auch die künftige globale Ordnung mitbestimmen.

Die allein herrschende KP hat sich in der Wirtschafts- und Außenpolitik neu aufgestellt, und die oben Genannten haben entscheidende Posten erhalten. Wang Qishan wurde Vizepräsident, Liu He ist nun der für die für Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständige Vizepremier, Yi Gang leitet die chinesische Notenbank. Auch andere Positionen wurden besetzt, so wurde Li Keqiang als Premier bestätigt, wobei er viele Kompetenzen an Staatschef Xi Jinping abgegeben musste und als nicht mehr so mächtig gilt.

Jugendfreund des KP-Chefs

Generell sind all die nun ins Amt berufenen Politiker Planeten, die um Chinas neue Sonne Xi Jinping kreisen. Der Staats- und Parteichef hat so viel Macht auf sich vereint wie kein chinesischer Politiker seit Mao Zedong. Bei seiner Wiederwahl zum Staatspräsidenten hat Xi nun 2970 der 2970 Stimmen im Nationalen Volkskongress erhalten. Schon zuvor hatte der Kongress die Begrenzung der Amtszeit des Staatspräsidenten auf zwei jeweils fünfjährige Mandate aufgehoben, sodass Xi, der seit 2012 an der Spitze der Partei und seit 2013 an der Spitze des Staates steht, lebenslang Präsident bleiben könnte.

Nur eine Stimme weniger als der 64-Jährige erhielt der neue Vizepräsident Wang. Und es war mehr als nur eine Geste, als Xi seinem künftigen Stellvertreter nach dessen Wahl gratulierte und die Hand schüttelte. Mit Wang begrüßte der Staatspräsident nämlich einen seiner engsten Vertrauten in diesem hohen Amt. Der Jugendfreund des Staatschefs war, so vermuten Beobachter, auch einer der entscheidenden Strategen, die den - in der Partei nicht unumstrittenen - Machtzuwachs für Xi orchestrierten. Als Leiter der Anti-Korruptions-Kampagne nahm Wang nämlich bereits in den vergangenen Jahren eine wichtige Position ein. Eineinhalb Millionen Behördenvertreter und Parteifunktionäre wurden bereits bestraft.

Die Kampagne hatte den Zweck, Xi in der Bevölkerung, in der sich immer mehr Unmut über den Reichtum von Parteifunktionären breitgemacht hatte, das Image eines Saubermanns zu geben. Dass der Kampagne auch viele Konkurrenten zum Opfer fielen, war ein nicht unerwünschter zusätzlicher Aspekt.

Wang wird weiter mit zentralen Aufgaben betreut sein: So soll er wohl auch künftig Parteichef Xi innenpolitische Rivalen vom Leibe halten. Und noch eine weitere heikle Mission kommt auf den Vizepräsidenten zu: Er soll sich um die schwierigen Beziehungen zu den USA kümmern.

Heikle Verhandlungen mit USA

Wang hat auch als Wirtschaftsexperte einen Namen, hat die erste Investmentbank Chinas aufgebaut und verfügt über gute Kontakte in die USA, insbesondere zur Wall Street. Der zweite Feuerwehrmann, der den Brand in den Beziehungen zu den USA löschen soll, ist Liu He. Der Harvard-Absolvent war schon im vergangenen Monat in den Vereinigten Staaten und hat dabei laut der Zeitung "Asia Times Online" hinter den Kulissen mit US-Vertretern verhandelt. Auch der neue Zentralbank-Chef Yi Gang, der an der Universität von Illinois Wirtschaftswissenschaften studierte, ist bestens mit den Vereinigten Staaten vertraut.

Die Beziehungen zwischen der Volksrepublik und den USA sind schlecht wie schon lange nicht mehr. US-Präsident Donald Trump wirft China den Diebstahl geistigen Eigentums vor, zudem ist ihm das Handelsdefizit der USA mit China ein Dorn im Auge. Trump kündigte bereits Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus China an und will noch diese Woche seine konkreten Maßnahmen verkünden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters könnten Zölle von bis zu 60 Milliarden Dollar auf chinesische Waren beschlossen werden.

China will dies offenbar noch abwenden oder zumindest abmildern. Sollte das nicht gelingen, ist Peking aber offenbar auch bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Es droht somit ein Handelskrieg zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften.

Neues Machtorgan

Der Handelsstreit ist ein Spiegelbild dessen, wie sich die Beziehungen zwischen den USA und China zusehends verschlechtern. Das liegt zum einen daran, dass sich Trump mit vielen außenpolitischen Falken umgibt, die den Aufstiegs Chinas als größte Bedrohung für die USA ausgemacht haben. Zum anderen betreibt China unter Xi tatsächlich eine viel offensivere Außenpolitik. So tätigt Peking über die Seidenstraßen-Initiative in dutzenden Ländern, die von Indonesien über Kenia bis Kroatien reichen, strategische Investitionen. Die Volksrepublik weitet so ihren Einfluss aus.

China wieder eine stärkere Rolle auf der Weltbühne zu geben, ist eines der Ziele von Xi. Ein zweites ist die Modernisierung der Wirtschaft. Diese soll nicht mehr so exportgetrieben sein, sondern stärker auf Konsum und eigenen technischen Innovationen basieren. Das dritte große Projekt ist die Stärkung der Position der KP in der chinesischen Gesellschaft. Besonders gestärkt werden soll dabei die Position von Xi selbst und seines inneren Machtzirkels.

So hat der Nationale Volkskongress auch der Bildung einer neuen Aufsichtskommission zugestimmt. Diese kontrolliert nicht mehr nur Parteimitglieder, wie das früher der Fall war, sondern nun alle Bediensteten des Staatsapparates. Das Machtorgan kann unabhängig von der Justiz gegen Korruption, Dienstvergehen oder auch allzu lockere Umsetzung politischer Ziele vorgehen und Beschuldigte bis zu sechs Monate ohne Verfahren einsperren.