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Der stille Mitspieler in der Korea-Krise

Von Klaus Huhold

Politik

Auch wenn Peking wenig Aufhebens um seine Korea-Politik macht, verfolgt es sein Interessen.


Pjöngjang/Wien. Da war doch noch jemand. Während die internationale Öffentlichkeit vergangenen Freitag gebannt auf den koreanischen Gipfel zwischen Nordkoreas Führer Kim Jong-un und Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in geblickt hatte und bereits seit Wochen über das bevorstehende Treffen von Kim und US-Präsident Donald Trump spekuliert, wurde fast vergessen, dass es in der Korea-Krise noch einen weiteren entscheidenden Mitspieler gibt: nämlich China. Peking ist der größte Handelspartner von Nord- als auch Südkorea, und ohne die aufstrebende Großmacht sind in der Region ohnehin keine entscheidenden politischen Weichenstellungen mehr möglich.

"US-Präsident Trump will schon Anerkennung für das Kim-Trump-Treffen, bevor es überhaupt stattgefunden hat", ätzte bereits die englischsprachige, chinesische Zeitung "Global Times". Peking hingegen "schätzt konkrete Ergebnisse höher ein als die öffentliche Meinung", heißt es in dem Leitartikel des Blattes mit nationalistischer Schlagseite.

Peking hofft, dass das Treffen Kim-Trump ein Erfolg wird

Tatsächlich hat auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping Nordkoreas Diktator Kim getroffen, und das bereits im März. Doch um die Begegnung der zwei Verbündeten, die in der Volksrepublik stattfand, wurde nicht viel Aufhebens gemacht. Offenbar hat Kim, der im vergangenen Jahr sein Atom- und Raketenprogramm noch einmal ordentlich hochgefahren hatte, bereits damals seinen Willen zur Denuklearisierung bekundet.

Dieses Ansinnen hat er nun am Donnerstag noch einmal bekräftigt. Und zwar gegenüber Außenminister Wang Yi, dessen zweitägiger Besuch in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang am Donnerstag begonnen hat. Chinas Chefdiplomat, der mehrere hochrangige nordkoreanische Funktionäre traf, lobte Pjöngjang für den "positiven Wandel" und betonte zudem, dass er auf erfolgreiche Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA hoffe.

Tatsächlich ist auch China an einer Entspannung der Lage interessiert. Denn Peking will Ruhe in seiner Nachbarschaft und keine Eskalation, die vielleicht gar in einer militärischen Auseinandersetzung gipfelt und für Chaos in der Region sorgt.

Zudem ist die Bedrohung durch Nordkorea die Begründung der USA, warum sie in Südkorea fast 30.000 Soldaten stationiert haben und dort das Raketenabwehrsystem Thaad aufbauen wollen. Peking hat die Stationierung kritisiert, weil das zu Thaad gehörende Radarsystem den Luftraum weit nach China hinein ausspionieren kann. Und auch sonst sieht China die massive Militärpräsenz der USA in Ostasien als gegen sich gerichtet an - und das wohl nicht ganz zu Unrecht.

Wenn nun Süd- und Nordkorea ihren bei ihrem Gipfel gefassten Plan umsetzen und einen Friedensvertrag abschließen - formell befinden sich die beiden Länder seit dem Korea-Krieg von 1950 bis 1953 noch im Kriegszustand -, dann fällt ein gewichtiges Argument für die Präsenz des US-Militärs in Südkorea weg.

Zudem fordert China, dass Nordkorea für sein Entgegenkommen im Atomstreit eine Lockerung der Sanktionen erhält. Peking hat seit Trumps Amtsantritt die Strafmaßnahmen gegen Nordkorea viel stärker mitgetragen als zuvor und die Öllieferungen in das Nachbarland gedrosselt. Doch war das laut Diplomaten ohnehin vor allem dem Ziel geschuldet, Trump zu beruhigen. Peking selbst hat die Wirksamkeit der Sanktionen stets bezweifelt.

Zudem verfolgt China wirtschaftliche Interessen. Die Volksrepublik hofft, dass der eigene Nordosten von einer ökonomischen Öffnung Nordkoreas profitieren wird. Die chinesische Grenzregion, in der sich viel Industrie befindet, hinkt den boomenden Küstenstädten hinterher.

Allerdings scheinen die USA bei den Sanktionen vorerst noch nicht nachgeben zu wollen. Vielmehr möchten sie den Druck aufrecht erhalten, bis Nordkorea konkrete Schritte der Abrüstung setzt. US-Außenminister Mike Pompeo betonte nun noch einmal, dass der Abbau des nordkoreanischen Nuklearprogramms "permanent, überprüfbar und unumkehrbar" sein müsse.

Zudem haben die USA nun die katastrophale Menschenrechtslage in Nordkorea angesprochen. In der Diktatur kann auch nur der Verdacht auf Opposition die Inhaftierung in einem Arbeitslager oder das Todesurteil bedeuten. Man sei tief besorgt über Rechtsverletzungen und werde darauf drängen, dass die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden, erklärte das US-Außenministerium.

US-Bürger stehen vorder Freilassung

Pjöngjang will nun aber offenbar Washington schon im Vorfeld des Treffens von Trump und Kim, das in ein paar Wochen stattfinden soll, entgegenkommen. So könnten nun drei in Nordkorea gefangen gehaltene US-Bürger freikommen. Laut südkoreanischen Aktivisten mit Kontakten nach Nordkorea sind der Geistliche Kim Hak-song sowie die beiden Universitätsdozenten Kim Sang-duk und Kim Dong-chul bereits von einem Arbeitslager in ein Hotel verlegt worden. Ihnen wurden Spionage beziehungsweise feindliche Akte vorgeworfen.

Überhaupt bemüht sich Nordkorea, das seinen Feinden vor ein paar Monaten noch mit der Vernichtung gedroht hatte, gerade sein lächelndes Gesicht zu zeigen: So entfiel bei der Tischtennis-WM der Damen das Viertelfinale zwischen Nord- und Südkorea. Die beiden Koreas treten im Halbfinale nun gemeinsam an.

Kommentar Sport - Seite 24