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Durchwachsene Werbetour

Von Gerhard Lechner

Politik

Der Aufenthalt in Wien dürfte nicht ganz nach dem Geschmack von Irans Präsidenten Rouhani gewesen sein.


Wien. Es war kein Besuch wie jeder andere: Das Gebiet um Hofburg und Ballhausplatz war weiträumig abgesperrt. Polizeihubschrauber kreisten über dem Inneren Burghof, als Bundespräsident Alexander Van der Bellen seinen iranischen Amtskollegen Hassan Rouhani in Wien mit militärischen Ehren willkommen hieß. Der offizielle Besuch, der als Teil einer Werbetour Rouhanis zur Rettung des Atomdeals in Europa gilt, war alles andere als unumstritten: Die Israelische Kultusgemeinde kritisierte die Visite ebenso wie die US-Botschaft. Das Iran-kritische und pro-israelische Bündnis "Stop the Bomb" protestierte am Rande der Absperrungen gegen Rouhani. In ihm, dem in Europa das Image des modernen Reformers anhaftet, sehen sie das "freundliche Gesicht des Terrors".

Ähnlich dramatisch titelte das deutsche Boulevardblatt "Bild" im Vorfeld des Besuchs. "Europa darf keinen roten Teppich für Henker und Terroristen ausrollen!", schrieb das Springer-Blatt und forderte die Regierung in Wien auf, Rouhanis Visite abzusagen.

Unmittelbarer Anlass dafür war der diplomatische Eklat, zu dem es einen Tag vor der Ankunft des iranischen Präsidenten in Wien gekommen war. Es wurde bekannt, dass ein iranischer Botschaftsmitarbeiter in Wien in Anschlagspläne gegen eine Versammlung von Exil-Iranern in Paris verwickelt sein soll. Gegen den Mann liegt ein europäischer Haftbefehl vor. Ihm wurde seitens Österreichs der Diplomatenstatus aberkannt. Der iranische Botschafter wurde "umgehend" ins Außenministerium in Wien zitiert, wie es von dort aus hieß.

Frostige Stimmung

Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif wies die Vorwürfe empört zurück. Es handele sich um ein Komplott, um eine Aktion unter falscher Flagge. "Wie praktisch: Gerade, als wir für einen Präsidentenbesuch nach Europa ins Flugzeug steigen, werden ,Verschwörer‘ einer angeblichen iranischen Operation festgenommen", schrieb er auf Twitter.

Wirkung dürfte die Affäre in jedem Fall gezeitigt haben: Die Stimmung bei dem Besuch war - von außen betrachtet - bei weitem nicht so gelöst wie bei der Visite von Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Juni. Vor allem Bundeskanzler Sebastian Kurz, der schon beim Putin-Besuch geringfügig kritischer gegenüber dem Besucher war als der nette Gastgeber Van der Bellen, fand überraschend deutliche Worte in Richtung Rouhani. Er betonte die Wichtigkeit von Menschenrechten, Religionsfreiheit und Frauenrechten und fügte hinzu, das gelte auch für den Iran.

Das hätte Rouhani wohl noch hingenommen, so wie er auf die Bemerkung Van der Bellens, das Existenzrecht Israels sei "aus österreichischer Sicht unbestritten", nicht einging. Kurz wählte allerdings deutlich schroffere, undiplomatischere Ausdrücke. Er erklärte den Kampf gegen Antisemitismus und die Unterstützung für Israel zu einem österreichischen "Herzensanliegen" und sagte, es sei "aus unserer Sicht absolut inakzeptabel, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird oder zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. Die Sicherheit Israels ist für uns als Republik Österreich nicht verhandelbar." Kurz hatte vor dem Treffen mit Rouhani noch mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu telefoniert.

Die Ausführungen des Bundeskanzlers gingen Rouhani offenbar zu weit. Er sagte - auf Österreich gemünzt -, es gebe "einige Länder, die bestimmte Sensibilitäten in Bezug auf die Juden haben". "Wir Iraner haben die Juden in Babylon gerettet. Sie haben eine Schuld uns gegenüber", bemühte der iranische Präsident vergangene Epochen. Der Iran habe "gute Beziehungen zu den Juden in aller Welt." Israel allerdings kommt bei Rouhani nicht so gut weg. Die "Zionisten" hätten gemeinsam mit den USA den Islamischen Staat (IS) in Syrien unterstützt. "Sie behandeln die Verwundeten des IS in Israel. Die Rolle Israels in der Region ist sehr destruktiv", schloss Rouhani.

Treffen zu Atomdeal am Freitag

Der Streit um Israel überdeckte, dass die Positionen der beiden Staaten ansonsten nicht so weit auseinander liegen. Sowohl bei dem Pressestatement mit Van der Bellen als auch bei Kurz betonte Rouhani, dass die Positionen Österreichs und des Iran beim wichtigsten Thema, dem vor drei Jahren in Wien ausgehandelten Atomabkommen, "identisch" sind. Van der Bellen bezeichnete das Nuklearabkommen als "Schlüsselelement" für die Nichtverbreitung von Atomwaffen. Und Rouhani bekräftigte das Festhalten seines Landes an dem Deal. Teheran werde - "wenn die anderen Unterzeichner die Interessen des Iran sicherstellen können" - nicht aus dem Vertrag aussteigen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bestätigte am Mittwoch das geplante Treffen der Außenminister am Freitag in Wien, bei dem Deutschland, China, Frankreich, Großbritannien und Russland mit dem Iran beraten wollen, wie das Vertragswerk nach dem Ausstieg der USA noch gerettet werden kann.

Aussagen iranischer Politiker

2000 erklärte der Oberste Führer Ali Khamenei, es sei "die Aufgabe der Islamischen Republik Iran; Israel von der Landkarte zu löschen.

Im August 2012 sagte Brigadegeneral Gholam Reza Jalali, dass Israel zerstört werden müsse.

Am 19. August 2012 bezeichnete Khamenei Israel als "Krebsgeschwür im Herzen der islamischen Welt".

2014 erklärte Hossein Sheikholeslam, Generalsekretär des Komitees zur Unterstützung der Intifada: "Wichtig ist die Frage der Zerstörung Israels, egal mit welcher Methode."

Im Herbst 2015 prophezeite Khamenei, dass Israel in 25 Jahren nicht mehr existieren werde.