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Donald Trump und die Schuld der anderen

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Nach dem Geständnis seines Ex-Anwalts und dem Urteil gegen seinen Ex-Wahlkampfmanager wird es für den US-Präsidenten eng.


Washington. Wenigstens in West Virginia ist die Welt noch in Ordnung, wenn man vor zwei Jahren Donald Trump seine Stimme bei der Präsidentschaftswahl gegeben hat und immer noch daran glaubt, dass der Ex-Reality-TV-Star und Immobilienmagnat Amerika wieder großartig macht. Am Dienstagabend rockte der 71-jährige New Yorker das Charleston Civic Center wie in alten Tagen. Seine Fans dankten es ihm, indem sie in die größten Hits aus dem Wahlkampf einstimmten: allen voran "Lock her up!", "Sperrt sie ein!", den auf seine damalige Kontrahentin Hillary Clinton gemünzten Slogan, der impliziert, dass die Demokratin etwas verbrochen hat, für das sie bis heute nicht bestraft wurde.

Landesweit populär gemacht hat ihn einst Michael Flynn beim Parteitag der Republikaner in Cleveland, bei der die Konservativen Trump offiziell zu ihrem Kandidaten fürs Weiße Haus kürten. Flynn ist heute 59, durfte zu Beginn von Trumps Präsidentschaft ein paar Tage lang den Nationalen Sicherheitsberater spielen und ist heute finanziell ruiniert. Das Familienhaus in Virginia musste er verkaufen, weil er sich sonst keine ordentlichen Anwälte mehr leisten kann, und die hat der Ex-Militär heute nötiger als je zuvor. Seit dieser Woche befindet sich Flynn damit in guter Gesellschaft; in dem Sinne, dass die Chancen massiv gestiegen sind, dass er bald mit ein paar seiner ehemaligen engsten politischen Mitstreiter eine Pokerrunde im Gefängnis bilden kann.

Schelte für Cohen, Solidarität mit Manafort

In New York bekannte sich Michael Cohen, langjähriger Anwalt des Präsidenten, schuldig, gegen eine Reihe von Gesetzen verstoßen zu haben. Am schwerwiegendsten: Illegale Verwendung von Kampagnen-Dollars - der 51-Jährige bezahlte Schweigegeld an einen Porno-Star und an ein Model, mit denen der verheiratete Trump Affären hatte -, Bankbetrug und Steuerhinterziehung. Fast zeitgleich verlas ein Bundesrichter in Virginia das Urteil gegen Paul Manafort, der 2016 vier Monate lang der Wahlkampforganisation Trumps vorstand: Schuldig in acht von 18 Anklagepunkten, ein weiteres Verfahren in Washington steht noch aus. Entsprechend verdichten sich die Hinweise, dass es für den Präsidenten rund drei Monate vor der Wahl im Kongress langsam aber sicher sowohl juristisch wie politisch eng wird.

Während Cohen signalisierte, bei entsprechendem Entgegenkommen der Anklage jede Strafe zu akzeptieren, die zwischen drei und fünf Jahren Gefängnis liegt, beteuert der bereits einsitzende Manafort trotz eines Bergs gegenteilig lautender Fakten bis heute seine Unschuld. Was wiederum erklärt, warum Ersterer jetzt den Zorn seines ehemaligen Klienten erfährt, während Letzterer nichts als Verständnis bekommt. "Wenn jemand einen guten Anwalt sucht, würde ich stark empfehlen, dass er nicht Michael Cohen engagiert." "Ich fühle mit Paul Manafort und seiner wunderbaren Familie. Respekt für einen mutigen Mann!" Beides Tweets von Trump vom Tag nach der Bekanntgabe des Schuldbekenntnisses und des Gerichtsurteils, kein Vergleich.

Tatsächlich scheinen die Fronten für Trump mittlerweile täglich mehr zu werden. Nur Tage zuvor war bekannt geworden, dass Don McGahn, der Anwalt des Weißen Hauses und Vorzeige-Repräsentant des konservativen Parteiestablishments, mittlerweile mehr als 30 Stunden mit den Abgesandten von Sonderermittler Robert Mueller verbracht hat, der den möglichen Verbindungen von Trumps Wahlkampfmitarbeitern zum Kreml nachgeht. Trotzdem herrscht darüber Einigkeit, dass Cohen, der im Zuge seines Geständnisses angab, stets auf Geheiß Trumps gehandelt zu haben, für seinen Ex-Klienten die größere Gefahr darstellt, weil er als dessen langjähriger Leibanwalt über die innersten Geheimnisse der Familie und ihrer Unternehmen Bescheid weiß.

Korruption demokratisches Top-Wahlkampfthema

Während die Mühlen der US-Justiz weiter malen, steht das politische Urteil über die jüngsten Entwicklungen indes noch aus. Die Republikaner im Kongress, selber gebeutelt von dutzenden Korruptionsskandalen - unter anderem wurden jetzt ausgerechnet jene zwei Abgeordnete zum Repräsentantenhaus wegen Insiderhandel (Chris Collins, New York) und illegaler Verwendung von Wahlkampfgeldern (Duncan Hunter, Kalifornien) angeklagt, die Trump als Erste unterstützten, als er noch als Außenseiter-Kandidat galt -, halten wie gewohnt weiter zu "ihrem" Präsidenten. Die Demokraten, die bei den am 6. November stattfindenden Midterms darauf hoffen, mindestens die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, wenn nicht sogar im Senat zurückzugewinnen, wittern ihre Chance und haben sich intern darauf geeinigt, die grassierende Korruption innerhalb der konservativen Reihen zum Top-Wahlkampfthema zu machen. Nicht ohne Grund spekulieren sie darauf, dass das, was diese Woche in den Gerichtshöfen der Ostküste passiert ist, lediglich den Anfang vom Ende der Trump’schen Präsidentschaft eingeläutet hat - und dass bald endlich die, die einst als erste "Sperrt sie ein!" schrien, das bald hinter Gittern tun werden.

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