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Weiter geht es im Hinterzimmer

Von WZ-Korrespondent Fabian Kretschmer

Politik

Südkoreas Präsident Moon Jae-in versichert nach dem Gipfel mit Kim Jong-un, dass Nordkoreas Staatschef tatsächlich abrüsten will. Doch die entscheidenden Verhandlungen kommen erst.


Seoul. Sichtlich gut gelaunt betritt Südkoreas Präsident am Donnerstagabend das Pressezentrum im Seouler Stadtzentrum, nur wenige Stunden nach seinem Abschied von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Vor den Augen von knapp 3000 Journalisten machte Moon deutlich, dass er das dreitägige Gipfeltreffen in Pjöngjang als durchschlagenden Erfolg einschätzt: "Wir hatten mehrmals aufrichtige, ehrliche Diskussionen zusammen." Kim Jong-un habe erneut seinen Willen zur baldigen Denuklearisierung bekräftigt - permanent und überprüfbar.

In der gemeinsamen Absichtserklärung beider Staatschefs spiegelt sich jener Wille zur Abrüstung jedoch nur teilweise wider. Nordkorea verknüpft die Denuklearisierung nämlich mit einem Entgegenkommen der USA. Wie dieses ausschauen könnte?

"Die genauen Schritte und Handlungsmaßnahmen müssen die Staatschefs Trump und Kim unter sich ausmachen", sagt Moon. Natürlich habe er sich mit Kim Jong-un über mögliche Szenarios ausgetauscht, jedoch seien diese nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die kritischen Verhandlungen werden also wohl im Hinterzimmer stattfinden - mit Südkoreas Präsidenten als vertrauensbildenden Vermittler zwischen Washington und Pjöngjang.

"Hat sich surreal angefühlt"

Die USA haben bereits Bereitschaft gezeigt, den zuletzt ins Stocken geratenen Verhandlungsprozess mit Nordkorea wieder aufzunehmen. So hat Washington Nordkoreas Außenminister im Rahmen der UN-Generalversammlung in New York nächste Woche zu Gesprächen eingeladen. Dass es bald zu einem zweiten Gipfel zwischen Trump und Kim kommt, scheint nur eine Frage der Zeit. Nordkoreas Machthaber habe zumindest großes Interesse gezeigt.

Die meisten Experten halten die in Pjöngjang erzielte Einigung für ein solides Mindestziel. "Natürlich hätte ich gerne gesehen, dass Nordkorea ein nukleares Dossier publiziert hätte", sagt etwa der Washingtoner Polit-Experte Harry J. Kazianis: "Aber wir dürfen nicht die historische Perspektive verlieren: Gipfeltreffen sind Veranstaltungen, die allmählich zu großen Ergebnissen führen. Wir sind auf dem richtigen Weg."

Dass Moons Nordkorea-Politik auch unter seinen Landsleuten zumindest weitgehende Zustimmung erhält, zeigen seine Beliebtheitswerte: Nach drastischen Einbrüchen während der letzten Wochen sind diese in der jüngsten Umfrage kurz nach Veröffentlichung der Gipfelresultate wieder auf über 59 Prozent angestiegen.

Vor dem Seouler Pressezentrum im Dongdaemun Design Plaza, einem futuristischen UFO-Bau der britisch-irakischen Architektin Zaha Hadid, haben sich ultrakonservative Gegendemonstranten vor einer Stehbühne versammelt. Mit Plakaten und Sprechchören bezichtigen sie den Annäherungskurs ihres Präsidenten als "pro-nordkoreanisch". Die Passanten, die vorbeigehen, sehen das anders und zeigen sich deutlich optimistischer ob der Pjöngjang-Reise von Moon Jae-in: "Natürlich habe ich bei Kim Jong-un immer auch sein Verhalten aus der Vergangenheit im Hinterkopf, so recht traue ich ihm nicht über den Weg", sagt die 26-jährige Studentin Park Min-hye: "Doch allein Kim und Moon nebeneinander in Pjöngjang zu sehen, hat sich surreal angefühlt - das war ein bewegender Moment."

Emotionaler Moment

Der vielleicht emotionalste Augenblick erfolgte am letzten Tag des dreitägigen Gipfels. Gemeinsam haben Kim und Moon den idyllischen Kratersee des Baekdu-Bergs besucht, dem in der koreanischen Mythologie wohl heiligsten Ort überhaupt. Nach seiner Rückkehr nach Seoul sagte Präsident Moon: "Bei diesem Anblick sah ich sofort die Möglichkeit, dass schon bald alle Südkoreaner diesen Ort einmal bereisen können."