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Militärische Staffage für die große Trump-Show

Von Michael Schmölzer

Politik

Eine inszenierte Abwehrschlacht gegen Flüchtlinge an der Grenze: Der US-Präsident zieht im Wahlkampf alle Register.


Washington/Wien. Kommt für US-Präsident Donald Trump der Tag der Abrechnung? Sein Name steht bei der Kongresswahl am Dienstag zwar nicht auf den Stimmzetteln, trotzdem geht es um die politische Zukunft des umstrittenen Tycoons. Verlieren seine Republikaner eine der beiden Kammern im Kapitol, wird es für Trump schwierig, politische Akzente zu setzen. Vorhaben wie die Steuerreform würden dann am Widerstand einer demokratischen Mehrheit scheitern. Verlieren die Republikaner beide Kammern, was nicht wahrscheinlich ist, wäre Trump eine "lame duck", politisch nicht ernst zu nehmen. Die Entwürfe für Enten mit blonder Trump-Frisur liegen jedenfalls in den Schubladen der Karikaturisten bereit.

"Operation Faithful Patriot"

Soweit darf es aus Trumps Sicht niemals kommen, ein derartiges Szenario wäre ein Anschlag auf das Ego des Präsidenten. Deshalb zieht er unermüdlich kreuz und quer durch die USA und tut das, was er am besten kann: Drohen, hetzen - und sich selber loben: "Ihr habt jetzt einen Champion, der für Euch im Weißen Haus kämpft", ruft er etwa Anhängern in Pennsylvania zu. "Aber ich brauche Eure Hilfe am Wahltag, (. . .) um den radikalen Demokraten-Mob bei dem Versuch zu stoppen, das zunichte zu machen."

Trump hat zwar den Vorteil, dass die Wirtschaft boomt. Und gute Wirtschaftsdaten sprechen immer für die Amtsinhaber. Dazu kommt, dass seine Beliebtheitswerte nach einer Durststrecke zuletzt gestiegen sind. Sicher kann sich Trump aber keineswegs sein - und so macht er Stimmung gegen Migranten.

Die, die Trump im Auge hat, befinden sich in Mexiko und sind auf dem Weg zur US-Grenze. Der Präsident kündigte an, dass bis zu 15.000 Soldaten im Süden der USA stationiert würden. "Wir erlauben den Leuten nicht, hereinzukommen", so Trump. Und damit kein Zweifel herrscht, dass es sich um eine richtige Militäraktion zum Schutz Amerikas handelt, heißt die Aktion "Operation Faithful Patriot".

Mehr Militär als in Afghanistan

Sollten tatsächlich die angekündigten 15.000 Mann losgeschickt werden, hätten die Vereinigten Staaten an der Grenze zu Mexiko mehr bewaffnete Militärs im Einsatz als in Afghanistan im Kampf gegen die Taliban.

Das gefällt vielen Trump-Wählern, die Details sind dann nicht mehr so wichtig. Etwa jenes, dass das US-Militär gar nicht dazu berechtigt ist, Migranten zu kontrollieren oder zurückzuweisen. Die Soldaten können der zuständigen Behörde maximal logistische Unterstützung leisten. Eine Staffage für die Show, die Trump einmal mehr zur Wählermobilmachung abzieht. Die entsprechenden Bilder werden von den US-Medien, allen vor Trumps Haussender Fox News verbreitet und die Kampagne hat ihren Zweck erfüllt.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Migranten-Karawane die Grenze vor den Kongresswahlen am 6. November erreichen. Eine erste Gruppe, die aus geschätzt 3500 bis 5000 Menschen besteht, ist immer noch 3500 Kilometer entfernt. Eine zweite große Gruppe aus bis zu 2000 Leuten, die derselben Route in den Norden folgen, befindet sich im südlichen Bundesstaat Chiapas.

Unklar ist auch, ob Trump die umfassende Truppenverlegung mit dem Pentagon überhaupt abgestimmt hat. Noch am Dienstag wies der für den Einsatz zuständige Kommandant, General Terrence O’Shaughnessy, die Darstellung zurück, dass bis zu 15.000 neue Soldaten losgeschickt werden könnten. Keine 24 Stunden später widersprach Trump dieser Aussage. Bei den Stäben herrschen jetzt Verwirrung und Chaos, gestiftet vom US-Präsidenten persönlich.

"Stolze Muslima" im Kongress

Und während Trump noch vor "radikal-islamistischen Terroristen" warnt, die angeblich über Mexiko in die USA kommen, wird das erste Mal in er US-Geschichte eine Muslima in den Kongress gewählt werden. Der Demokratin Rashida Tlaib ist der Sitz im Repräsentantenhaus schon deshalb kaum zu nehmen, weil kein Republikaner bereit ist, im 13. Wahlbezirk von Michigan gegen sie anzutreten.

Die 42-Jährige wurde in der Autostadt Detroit als erste von 14 Kindern einer palästinensischen Einwandererfamilie geboren. Ihr Vater war Arbeiter bei Ford. Die Juristin zog 2008 in das Landesparlament von Michigan ein und diente dort drei zweijährige Legislaturperioden.

Überregional bekannt wurde die Mutter zweier Kinder, als sie 2016 eine Rede des damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mit der Aufforderung störte, er solle die Verfassung lesen. "Man muss nicht ändern, wer man ist, um für ein Amt zu kandidieren", sagte Tlaib der "New York Times". "Und darum geht es in diesem Land." Tlaibs Twitter-Site zeigt auch ihre Beziehung zu ihrem Glauben: Dort nennt sie sich selbst eine "stolze Muslima".

Der erste muslimische Abgeordnete im Kongress war 2006 der Demokrat Keith Ellison. Laut Schätzungen gehören 3,5 Millionen US-Amerikaner dem islamischen Glauben an - das sind 1,1 Prozent der Bevölkerung.