Wien. Mit seinen 80 Jahren gehört Ludwig Zenk zu den altgedienten SPÖ-Mitgliedern in Wien. Wenige Tage vor dem Jubiläum "100 Jahre Rotes Wien" sprach er mit der "Wiener Zeitung" über den Wandel der Partei über die Jahrzehnte.

"Wiener Zeitung": Wie sind Sie zur linken Reichshälfte gekommen?

Ludwig Zenk: Mein Vater war beim Republikanischen Schutzbund. Der hat mit Koloman Wallisch 1934 in Bruck an der Mur gekämpft. Meinen Vater haben sie damals nicht erwischt; der Wallisch wurde ermordet. Später haben sie meinem Vater aber genug fürchterliche Dinge angetan.

Da war der Weg für Sie praktisch vorgezeichnet. Wie hat es bei Ihnen begonnen?

Ich habe in der Hauptschule sehr gut gezeichnet. Da hat mir mein Lehrer eine Lehrstelle bei einem Maler- und Anstreichermeister besorgt. Das war damals nicht leicht. In meinem Alter hat das fast keiner gehabt. 1954 habe ich im Alter von 16 Jahren die Lehrabschlussprüfung mit Auszeichnung bestanden. Ich bin dann zur größten Malerfirma in Wien mit 300 Beschäftigten gewechselt. Dort haben sie mich zum Betriebsratsobmann gewählt. Von da an war ich für den Rest meines Lebens in der Gewerkschaft.

Wann sind Sie der SPÖ beigetreten?

1971.

Erst 71?

Also, ich habe in meinem Leben noch nie etwas anderes gewählt als die SPÖ. Ich habe immer eine soziale Ader gehabt und bin gegen Ungerechtigkeiten. Ich bin aber erst über die Gewerkschaft auf den FSG (Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Anm.) gekommen und habe dann meine Zugehörigkeit zur Partei offiziell gemacht.

Wer war der erste Wiener Bürgermeister, den sie bewusst erlebt haben?

Theodor Körner. Wobei ich sagen muss, dass er mir hauptsächlich als Bundespräsident in Erinnerung ist.

Und von allen Wiener Bürgermeistern, wer war für Sie der Wiener Bürgermeister?

Michael Häupl. Dabei war ich zu Beginn gar nicht für ihn. Mir wäre der Hans Hatzl damals lieber gewesen; der war für mich der Prototyp eines Sozialdemokraten. Der war bodenständig - einer von uns. Der Häupl war mehr der Intellektuelle und hat auch am Anfang seine Probleme gehabt. Aber er hat sich schnell eingelebt.

Haben Sie sich auch in der SPÖ engagiert?

Bald nach dem Beitritt wurde ich Chef der Sektion 8 in der Josefstadt. In Wieden war ich im Bezirksvorstand. Im dortigen Bezirksausschuss bin ich bis heute.

Die SPÖ steckt gerade in der Krise. Was, denken Sie, sind die Ursachen dafür?

Die Technik hat uns überrollt. Wir haben zu spät erkannt, wie wichtig das Internet ist. Man kann noch so viel wissen und noch so schnell sein: Nutzt man das Internet nicht, ist jeder andere schneller. Der Altersschnitt in meiner Sektion lag sicher bei 60 bis 65 Jahren. Wir haben sogar eine 100-Jährige gehabt, die geistig voll da war, aber eben nicht auf dem letzten Stand der Dinge.