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Marktordnung in Ordnung?

Von Sophie Ströbitzer

Politik

Nach zehn Monaten sind noch immer nicht alle Standler mit den neuen Regelungen zufrieden, wie ein Marktbesuch zeigt.


Wien. Mehr als zehn Monate nachdem die Stadtregierung eine neue Marktordnung eingeführt hat, sind die Meinungen weiterhin gespalten. Die neue Regelung warf im Herbst schon im Vorfeld und auch nach der Einführung einige Debatten auf. Der Grund dafür waren hauptsächlich die neuen Kernöffnungszeiten von 15 bis 18 Uhr unter der Woche und von 8 bis 12 Uhr am Samstag, die die Marktstandler nun verpflichtend einhalten sollten. Einige Betreiber, fürchteten um ihre Existenz. Mittlerweile ist die Debatte über zehn Monate her. Die "Wiener Zeitung" hat sich auf den Märkten umgehört.

Am Brunnenmarkt, dem frequenzstärksten Markt Wiens, geht es momentan eher ruhig zu. "In der Urlaubszeit ist immer wenig los.", so Standbetreiber Azmi. Die Marktordnung hat für Azmi eigentlich nichts verändert. Er und die meisten anderen Lebensmittelstände hätten bereits vor der neuen Regelung immer von 6 bis 18 geöffnet gehabt. Verbessert habe sich allerdings auch nichts. "Das Jahr war eigentlich eher schwach", so Azmi.

Ortswechsel nach Währing. Der Kutschkermarkt im 18. Bezirk gehört zu den kleineren Märkten Wiens. Dass es nun verpflichtende Öffnungszeiten für den Markt gibt, ist für einige Marktstandler nicht so erfreulich, erzählt Emil. Er betreibt seit sieben Jahren einen Obst- und Gemüsestand auf dem Kutschkermarkt. Im Sommer hat Emil kein Problem, da er sowieso von 6 bis 18 geöffnet hat. Aber im Winter ist es schwierig die Kernöffnungszeiten einzuhalten. "Das Marktgeschäft ist ein wetterabhängiges Geschäft. Wenn es regnet oder stürmt und man dann trotzdem bis 18 offen haben muss, ist das eine Zeitverschwendung", erklärt der Besitzer.

Nicht alle Märkte sind gleich

Im Winter gab es sogar finanzielle Konsequenzen für den Marktbetreiber. "Da musste ich eine Strafe zahlen, weil ich um 17:58 Uhr zugesperrt habe. Es hat gestürmt und deshalb haben wir schon früher alles abgebaut und dann um kurz vor 6 Uhr zugemacht." Dass die Marktordnung für die Kunden mehr bringe, glaubt er nicht. Man könne gar nicht sagen, um welche Uhrzeit, die meiste Frequenz ist, da das Geschäft von Tag zu Tag anders läuft.

Christian Pöhl besitzt einen Feinkostladen am Naschmarkt, ist Vorsitzender des Vereins "Zukunft Wiener Märkte" und vertritt 13 Wiener Märkte und mehr als 100 Standler. Er ist ebenfalls wenig begeistert von der neuen Marktordnung. "Das Problem ist, dass man nicht alle Märkte über einen Kamm scheren kann. Man muss die auf die individuellen Bedürfnisse der Märkte eingehen", so Pöhl. Gerade jetzt ist es laut Pöhl für viele kleinere Märkte schwierig. "In der Urlaubszeit bei 35 Grad von Dienstag bis Freitag offen zu haben, ist für viele Standbetreiber geschäftsschädigend. Bei der Hitze gehen die Leute halt lieber ins Gänsehäufel, als auf den Markt einkaufen".

Rainer Trefelik von der Wirtschaftskammer sieht ähnliche Probleme. "Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen", so Trefelik. Er betont, dass die Wirtschaftskammer die Initiative, die Märkte zu beleben natürlich begrüße, man aber noch viel "Finetuning" zu erledigen habe. Die Kernöffnungszeiten per se seien keine schlechte Idee, die Rahmenbedingungen müssten allerdings noch verbessert und angepasst werden.

Protest der Marktbetreiber

Die Intention der neuen Öffnungszeiten und der neuen Marktordnung war, den Wienern mehr Klarheit zu bringen. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) wollte vergangen Herbst damit die Wiener Märkte "attraktiver für Konsumenten zu machen". Neben den neuen Öffnungszeiten wurde u.a. auch ein Rauchverbot beschlossen. Doch dass für alle Märkte nun dieselben Öffnungszeiten gelten sollten, gefiel den Standbetreibern nicht. Auch das Rauchverbot sorgte für Aufsehen. Es sei "gesetzeswidrig", sagte Franz Radatz, der ebenfalls im Verein "Zukunft Wiener Märkte" viele Standler vertritt, im März. Ein Rauchverbot müsse auf Bundesebene geregelt werden und nicht von der Stadt.

Auch die Neos und die ÖVP schlugen sich vergangenen Herbst auf die Seite der Marktstandler. Markus Ornig, Wirtschaftssprecher der Neos lud er im Dezember, Gemeinsam mit einigen Standbetreibern, zu einer Pressekonferenz ein. "Nach zwei Monaten können wir die Auswirkungen der Marktordnung nun schon deutlich sehen. Jede Woche kommen neue Marktstandler auf mich zu und berichten von ihren Problemen, die sich für sie in der Praxis mit der neuen Marktordnung ergeben haben", so Ornig damals. Mit ihrer Reaktion auf die Proteste machte sich die Stadtregierung wohl auch nicht beliebter bei den Standlern. "Während die Einkaufszentren und Geschäfte sogar auf noch längere Öffnungszeiten drängen, wollen manche Marktstandler nicht einmal von 15 bis 18 Uhr aufsperren, also die Mindestöffnungszeit von drei Stunden von Dienstag bis Freitag nicht einhalten", so Erich Valentin, Umweltausschussvorsitzender der SPÖ, im Winter. Die ÖVP forderte aufgrund der Debatte eine Besucherzahlung auf den Märkten, um abschätzen zu können wie sich die neue Marktordnung auf die Besucherzahlen auswirkt. Vergangene Woche wurden die Ergebnisse der Frequenzzählung - wie berichtet - von der zuständigen Stadträtin Ulli Sima präsentiert. Das Ergebnis: 2018 gab es um 11 Prozent mehr Besucher auf den Wiener Märkten als die Jahre zuvor. Sima führt die Steigerung allein auf die neue Marktordnung zurück. Allerdings gab es bei der Zählung davor - im Jahr 2014 - ebenfalls eine Steigerung gegenüber 2009 um 10 Prozent.

Kammer macht eigene Zählung

Für Trefelik wäre es wichtig, bei diesen Zählungen nicht den Fehler zu machen, nur quantitativ vorzugehen. Dafür sei die Branche zu vielschichtig. "Wir werden auf jeden Fall noch eine Evaluierung für uns machen", betonte der Spartenobmann. Im Herbst, würde er sich dann gerne mit allen Parteien zusammenzusetzen, um Verbesserungen in das Konzept einzuarbeiten.

Davon will man aber im Büro von Ulli Sima nichts wissen: "Wir sehen den Erfolg der neuen Marktordnung durch die aktuelle Zählung bestätigt und deshalb keinen Grund für Nachverhandlungen", so ein Sprecher.