Es war einmal ein Backsteinhaus. Ein wunderbarer Ort für die Wiener. Sie grillten, feierten, diskutierten. Sie spielten Theater, Tischtennis, Minigolf. Sie bauten Möbel, pflanzten Gemüse, töpferten Vasen. Sie fühlten sich wohl hier. Und die Frösche quakten zufrieden vor dem Fenster. Seit zwei Monaten steht das Backsteinhaus leer. Die Tore sind verriegelt. Die Fenster vernagelt.

Es war einmal ein Skatepark. Umgeben von Bäumen und Sträuchern sprangen Jugendliche über selbstgebaute Rampen. Am Abend saßen sie zusammen, hörten Musik, tranken Dosenbier. Seit zwei Jahren ist der Skatepark leer. Die Rampen wurden abgerissen. Die Fläche planiert.

Die Nordbahnhalle und der Skatepark Alm am Gelände des ehemaligen Nordbahnhofs hinter dem Praterstern waren Vorzeigebeispiele, wie die Wiener ihre Stadt selbst verwalten könnten. Bottom-up-Prozesse wie aus dem Lehrbuch. Beide Projekte wurden von normalen Wiener Bürgern initiiert. Beide Projekte wurden von der Stadtpolitik abgedreht. Sie legte ihnen Steine in den Weg. Sie war dagegen. Wieder einmal. Eigeninitiativen haben es schwer mit der Wiener Stadtregierung.

Stadt sprudelt vor Beteiligungsprojekten

Das ist bemerkenswert. Denn dieselbe Regierung wird nicht müde, die hohe Relevanz von Bürgerbeteiligung für die Stadt zu betonen. Sie wirbt offensiv für mehr Partizipation. Sie sprudelt vor Beteiligungs-Projekten. Im Jahr 2017 publizierte sie den "Masterplan partizipative Stadtentwicklung", mit dem Ziel, die Bürger frühzeitig in die Planung neuer Stadtteile einzubinden. Über den kommunalen Verein "Lokale Agenda 21" sollen sie sich im Grätzl engagieren. Im Projekt "Stadtteilmanagement" ihre Ideen einbringen. Am Schwedenplatz konnten Bewohnerinnen Wünsche für die Umgestaltung in einen Kasten werfen. Über die Farbe der neuen U-Bahn-Linie 5 stimmten sie im Netz ab.

Untätigkeit in Sachen Bürgerbeteiligung kann man der Stadt also nicht vorwerfen. Doch sobald der Bürger selbst Hand anlegt, verpufft ihr Wille, ihn zu unterstützen. Sobald die Beteiligung die vorgegebenen Bahnen verlässt, sperrt sie sich. Sie erinnert an über-fürsorgliche Eltern, sogenannte Helikopter-Eltern, die immer genau wissen wollen, was ihre Kinder gerade tun. Sie holen sie von der Schule ab, sie bringen sie zum Geigenunterricht, sie bestimmen, wer ihre Freunde sind, sie mischen sich in den Bau des Baumhauses ein. Sie kontrollieren sie. Sie hemmen ihre Entwicklung - unbewusst und in guter Absicht. Schließlich soll ihren Sprösslingen bloß nichts passieren, in dieser Welt voller Gefahren.