Zusammen für die Innere Stadt": Auf diesen Punkt hat Mireille Ngosso ihr politisches Engagement für die Wiener City gebracht: "Lasst uns gemeinsam die Innere Stadt verändern." Womit auf der SPÖ-Homepage noch geworben wurde, das war am Mittwoch bereits überholt. In einem bundesweit wohl beispiellosen Akt hat die Wiener SPÖ-Bezirkskonferenz Innere Stadt mit 55 Prozent Ablehnung der derzeitigen stellvertretenden Bezirksvorsteherin die Gefolgschaft bei der Wahl zur SPÖ-Kandidatin für das Amt des Bezirksvorstehers versagt. Eine dunkelhäutige Politikerin, die mit vier Jahren aus der Demokratischen Republik Kongo nach Österreich geflohen ist, in Wien Ärztin wurde und seit 2010 für die Wiener SPÖ aktiv ist, war der Mehrheit der Genossen im ersten Bezirk als Bewerberin dafür nicht recht.

SPÖ-Bezirkschef will keine Vermutungen anstellen

Wenn es um Migranten geht, redet die SPÖ wie am Dienstag Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner im Konflikt um Flüchtlinge an der weit entfernten griechischen Grenze Toleranz und einer humanitären Lösung stets das Wort. Bei der Kür der Anwärterin der Herausforderin für den türkisen Bezirksvorsteher Markus Figl war eingesessen SPÖ-Funktionären die 39-jährige, in Afrika geborene Ngosso nicht gut genug. Während Rendi-Wagner nun bis 2. April bei der bundesweiten Befragung der SPÖ-Mitglieder für sich die Vertrauensfrage stellt, wurde Ngosso am Montagabend das Vertrauen bei der Tagung der 126 Teilnehmer der roten Bezirkskonferenz mehrheitlich versagt.

Der SPÖ-Bezirksparteichef in der Innenstadt, Georg Niedermühlbichler, kann sich die Abfuhr für Ngosso selbst nicht erklären. "Das ist eine geheime Wahl", sagte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er könne nur Vermutungen anstellen, "was ich nicht für sinnvoll halte". Dabei sei Ngosso noch vor Weihnachten einstimmig von den Gremien als Kandidatin für den Bezirksvorsteherposten nominiert worden. Die demokratische Abstimmung werde nun zur Kenntnis genommen. "Es hat gar keinen Sinn, nach Übeltätern zu suchen", sagt er.

Ob die SPÖ-Funktionäre ein Hort von Rassisten seien, die eine dunkelhäutige Kandidatin abwählen? "Nein, sicher nicht", betont der SPÖ-Bezirkschef und frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Es gebe in der Bezirkspartei viele Funktionäre mit Migrationshintergrund, ergänzte er. Vor allem gebe es auch junge Kandidaten mit Migrationshintergrund: "Die sind gewollt."

Niedermühlbichler will jetzt "zeitnah" innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Ersatzkandidaten nominieren. Der SPÖ-Bezirkschef ist erfreut, dass Ngosso doch auch bereit sei, weiter für die SPÖ zu arbeiten. Die Ärztin ist auch Kandidatin für den Wiener Gemeinderat.

Ngosso selbst war für die "Wiener Zeitung" vorerst nicht erreichbar. In einem Posting auf Facebook hatte sie die Entscheidung ihrer SPÖ-"Parteifreunde" zuvor enttäuscht als "unfassbar schade" bezeichnet.

Rendi-Wagner ist um Distanz bemüht

In der Wiener SPÖ hat damit das Rumoren vor der Gemeinderatswahl im Herbst eine neue Dimension erreicht. Während Rendi-Wagner seit langem und nun besonders vor der Mitgliederbefragung für Geschlossenheit trommelt, brechen in Wien Konflikte auf. In der Donaustadt ist Ex-Staatssekretärin Muna Duzdar vor den Kopf gestoßen worden, indem ihr Name für den Bezirksparteivorsitz nicht auf dem Stimmzettel aufschien. Dazu kommt das Getöse um den SPÖ-Rückzug von Bezirksvorsteherin Susanne Schaefer-Wiery in Margareten. Silvia Jankovic tritt nun für die SPÖ um ihre Nachfolge an.

Rendi-Wagner, die ständig mit mangelnder Unterstützung männlicher SPÖ-Landesspitzen kämpft, war um Distanz zu dem Eklat um die gescheiterte Bewerbung einer dunkelhäutigen SPÖ-Bewerberin in der City bemüht. Sie wollte dies als Bezirksangelegenheit nicht kommentieren. Von ihr kam auch kein Wort zur Verteidigung der abgewählten Genossin.

Auch in der Wiener Landes-SPÖ gab man sich auf Anfrage äußerst wortkarg und verwies umgehend auf die Bezirksorganisation. Nur dem Eindruck, es gebe rote Rassisten, trat man vehement entgegen: "Das kann man nur in Abrede stellen."