Anhänger der ultranationalistischen, türkischen "Grauen Wölfe" haben diese Woche offenbar mehrere Kundgebungen in Wien-Favoriten gestört. Am Mittwoch kam es zu Ausschreitungen bei einer Demonstration von Kurden gegen Gewalt an Frauen, am Donnerstagabend nach einer linken Protestkundgebung. Die faschistische Gruppierung wird von Ankara aus gesteuert, ihr Erkennungszeichen ist in Österreich verboten.

Wer sind die Grauen Wölfe? Wurzeln und Ideologie

"Ülkücü"-Anhänger nennen sie sich selbst - auf Deutsch bedeutet das Wort "Ülkücü", so viel wie "Idealismus". Ihr Symbol ist der "Graue Wolf" (Bozkurt), der aus einem alttürkischen Mythos stammt und Stärke und Aggressivität der Bewegung symbolisieren soll, wie die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung feststellt.

Die Wurzeln der Bewegung "liegen in den klassischen faschistischen 1930er und 1940er Jahren, wobei man sich doch ein bisschen orientiert am Turanismus - großtürkische Ideologie", erklärt der Publizist Thomas Rammerstorfer gegenüber der APA. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs seien die "Grauen Wölfe" bzw. ihre Vorgängerorganisationen "stark von Nazi-Deutschland" unterstützt worden - um die Türkei "zumindest neutral und pro deutsch" zu halten.

Laut dem deutschen Verfassungsschutz propagiert die rechtsextreme Bewegung "einen übersteigerten Nationalismus, gepaart mit der Vorstellung einer ethnisch homogenen Gesellschaft". Für sie sei Gewalt ein "Mittel zur Konfliktlösung", so Rammerstorfer. Ihre Ansichten sind ihm zufolge antisemitisch, rassistisch und diktatorisch-militaristisch. In den vergangenen Jahren hätten sie den "Nationalismus mit dem politischen Islam ein bisschen vereint". Es gebe aber auch Mitglieder, betonte der Experte weiter, die dem Islam abgeneigt seien, da er nicht originär türkisch sei.

Die wichtigste Partei in der Türkei für die "Grauen Wölfe" ist die rechtsextreme Nationalistische Bewegung (MHP), der Juniorpartner der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Organisation und Aktivitäten

In der Türkischen Föderation in Österreich sind insgesamt 20 Verbände der "Grauen Wölfe" zusammengefasst. Dann gibt es Rammerstorfer zufolge noch vier bis fünf Splittergruppen. Die Türkische Föderation stellt zwei Kultusgemeinden - jeweils zehn Vereine - in der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ).

Die Türkische Föderation betreibt Kultur-und Sportvereine. "Man macht alles im Bereich des sozialen Zusammenlebens", erklärt Rammerstorfer mit Blick auf Fußballturniere, Kinderfeste und Kirtage. In den Vereinen würden die Kinder und Jugendlichen indoktriniert werden.

Neben den Vereinen, betont der Experte, gebe es aber auch "Jugendkulturen, die eher subkulturell inspiriert sind". Für sie bedeuten die "Grauen Wölfe" Jugendkultur, die Männlichkeit, Nationalismus und Zusammenhalt verkörpert. Jugendliche würden sich auch über das Internet und Jugendbanden radikalisieren.

Über der Türkischen Föderation in Österreich gibt es noch einen europäischen Dachverband, der in Deutschland ansässig ist. Darüber steht dann nur mehr die Türkei. "Wichtige Entscheidungen" würden in Ankara bzw. Istanbul getroffen werden, so Rammerstorfer und sagte mit Blick auf den österreichischen Ableger: Es gebe "sehr wenig, wo sie nicht vorher um Erlaubnis" in der Türkei fragen müssten.

Rammerstorfer schätzt die Anzahl der Vereinsmitglieder in Österreich auf 2.000 Personen.

Erkennungszeichen

Zwei Finger als Ohren abgespreizt und die anderen drei zur Schnauze geformt - so sieht der türkische Wolfsgruß aus. Einige der Aggressoren von Mittwoch und Donnerstag zeigten ihn, er ist das mittlerweile in Österreich verbotene Erkennungszeichen der "Grauen Wölfe". Das Wolfssymbol geht auf eine Legende in der türkischen Mythologie zurück. Demnach führte eine Wölfin ein Turkvolk im frühen Mittelalter aus dem sagenumwobenen Tal Ergenekon. (APA)